Facebook-Likes: Sind 1000 genug?

8.6 Likes
8,6 Millionen mögen die Bibel

Social-Media-Strategien für die Kirche bestimmen die Diskussion bei der Tagung für Öffentlichkeitsarbeit mit dem Titel „Glaube Twitter Hoffung“.
Soziale Netzwerke liefern Zahlen über die Nutzung. Wer neu auf eine Facebook-Fanpage kommt, sieht sofort, wie vielen Menschen diese gefällt, oder im Facebook-Jargon, wie viele „Likes“ sie hat. Die Zahlen für kirchliche Facebook-Seiten sind jedoch ernüchternd.
Die EKD kommt auf knapp 1500 Likes bei rund 24 Millionen evangelischen Christinnen und Christen laut der letzten veröffentlichten Statistik. Die Pfälzer Landeskirche, die mit einer Viertel Stelle eine Social-Media-Pfarrerin beschäftigt, kommt beispielsweise auf rund 250 Likes, die Facebook-Verhältnisse zwischen EKD und Gliedkirchen scheinen zu stimmen. evangelisch.de liegt in der Größenordnung der EKD mit 1300. Nimmt man die Katholiken dazu, so bekommt man für den letzten Ökumenischen Kirchentag über die 6.000-Marke bei den Facebook-Zustimmungen. Auf Ebene der Kirchenkreise ist das Bild deutlich trister, man  findet sogar  Facebook-Fanpages, die nur von weniger als zehn Menschen als Fan haben.
Bibel auf Facebook
Bibel auf Facebook

Zum Vergleich, die Bundeskanzlerin hat rund 152.000 mal die Facebook-Zustimmung bekommen, dies drückt Facebook kurz mit 152K aus. Die Justin Bieber-Fanseite kommt schon in den Millionen Bereich, ihre Zustimmung liegt bei 1.4M.  Nelly Furtado übertifft den Jugendschwarm  mit über zweieinhalb Millionen. Die Bibel-Seite der United Bible Society auf Facebook hat aber noch deutllich mehr, ein stolzes 8.6M prangt auf der Facebook-Seite.
Die Bibel erfährt millionenfache Zustimmung auf Facebook, bei der verfassten Kirche liegt die Zahl der von Usern verteilten Likes nur im vierstelligen Bereich. Man mag einwenden, die Bibel-Seite ist international, aber die aus Deutschland stammenden Likes dürften mindestens auch im sechsstelligen Bereich liegen.
Auf der anderen Seite findet man  Gemeindepfarrer oder -pfarrerinnen auf Facebook, deren Freundeszahl im dreistelligen Bereich liegt. Sie haben oft als Pfarrer mehr Freunde online, als regelmäßige Besucherinnen und Besucher im Gottesdienst.
Was heißen diese Zahlen für eine Facebook-Strategie? Die Bibel läuft sogar besser als Musik-Stars. Als Grund lässt sich vermuten, dass die Bibel direkt das Leben von Christinnen und Christen betrifft, sie ist in die Frömmigkeitspraxis eingebettet, Menschen teilen Bibelverse auf Facebook
Beim Gemeindepfarrer liegt die hohe Anzahl der Facebook-Freunde eben daran, dass Menschen ihn aus der Gemeinde kennen, in Beziehung zu ihm stehen möchten. 130 Freunde für den Gemeindepfarrer sind in der Relation zur EKD oder Landeskirche sehr viel. Der Kirchenkreis, die Landeskirche und auch die EKD wird wohl eher als Institution erlebt, aber der Gemeindepfarrer als Repräsentant für Kirche vor Ort dagegen als Mensch.
Offensichtlich kann es auch der Kirche gelingen, Inhalte über Facebook zu kommunizieren, wenn diese über Personen vermittelt werden. Welche Personen stehen für welche Themen? Wollen wir auf Facebook Themen besetzen, müssen wir auf Personen setzen. Mache ich diese groß, wird auch mein Thema groß.
Trauen wir uns mit Ks zu denken, darauf zu hoffen, dass die Zustimmung nicht mehr in einzelnen Stimmen messbar ist, sondern in Tausendern, also in Ks auf kirchlichen Seiten angegeben wird. Dann müssen wir auf Personen setzen.
Widerspricht das nicht unserem protestantischen Selbstverständnis, das sich im Schlagwort vom Priestertum aller Gläubigen ausdrückt? Vermitteln wir nicht das Bild einer Pastorenkirche, wenn wir Pfarrerinnen und Pfarrer so bewerben? Können wir Personen  so in den Vordergrund stellen?  Wenn nicht, dann dürfen wir uns aber auch nicht über wenige Likes bei Facebook ärgern.


Zur Vertiefung: PDF-Dokument: Good Social Practice

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12 Antworten zu “Facebook-Likes: Sind 1000 genug?”

  1. Interessante Gedanken. Aber gerade die letzten Fragen kann ich nicht nachvollziehen. Warum sollten die Personen nur PfarrerInnen sein?
    Und: Ist es protestantisch, sich mit Institutionen zu identifizieren? Warum sollte das überhaupt erstrebenswert sein? An der bekannten Schleiermacher-Formel (§24 der 2. Aufl. der Glaubenslehre) zum Verhältnis des Einzelnen zu Christus und Kirche im Protestantismus gegenüber dem Katholizismus wird m.E. ersichtlich, dass protestantisch gesehen personale Beziehungen immer im Vordergrund stehen. Denen gegenüber hat die Institution Kirche nur dienende Funktion. Das sollte auch in der Arbeit mit Social Media deutlich werden.

    • @letterus: Danke für den Hinweis auf Schleiermacher
      Zu den PfarrerInnen: Bei jemand mit Profilbild mit Talar oder mit Nickname Pastor Max Mustermann ist sofort in der Person Kirche erkennbar, das ist bei anderen Berufsgruppen oder Ehrenamtlichen nicht so.
      Dieser Aspekt gilt gerade auch für Freundeslisten von Freunden.

      • @ralpe: Danke für die Antwort! Der Talar mag ein Aspekt sein (der aber auch schnell für amtliche Distanz sorgen kann). Ich kenne einige PfarrerInnen, der bei Facebook und Twitter sehr erfolgreich arbeiten und ganz ohne Talar auskommen. Die Identifikation mit kirchlichen Personen erfolgt m.E. über die Inhalte. Denn diese werden geteilt, retweetet, etc. und sind damit der entscheidende Erfolgsfaktor. Dass nur Pfarrer in dieser Weise kirchlich agieren sollten/könnten, halte ich dann wiederum ebenfalls für unprotestantisch. 😉

        • Es hängt natürlich nicht am Talar, sondern an der Erkennbarkeit: Wo und wie wird Kirche / Glaube (das müsste man eigentlich unterscheiden) schnell erkennbar – z.B. auch in Freundeslisten von Freunden.
          Ich gebe Dir vollkommen recht, dass Identifikation über Inhalte erfolgt, besonders wenn ich die Person kenne, die diese Inhalte teilt.
          DDies gelingt gut im Nahbereich, aber was ist, wenn wir an die Größenordungen von K Likes herankommen wollen (von der M will ich gar nicht träumen). Das gelingt m.E, nur über emotionale Inhalte wie \“Die Bibel\“ oder über Personen, die bekannt sind und zur Identifikation einladen.

          • Da ist sicher was dran. Ich würde hier das Votum von Simon Wiggen stark machen: Es funktioniert bei Facebook & Co. m.E. wenig gut und ist im kirchlichen Sinne auch wenig authentisch, wenn Personen ihren Namen als \“Marke\“ hergeben, aber selbst nicht oder nur kaum in die dialogische Kommunikation eingebunden sind.
            Umgekehrt gibt es durchaus Beispiele, wo \“Privatpersonen\“ durch ihr persönlichen Engagement die 1000er Marke locker knacken. Vermutlich braucht Kirche beides und eine gute Mischung aus beidem, aber in jedem Fall eine persönliche, authentische Kommunikation. Das kann ja durchaus auch unter dem Namen einer Institution, eines Projektes oder eines inhaltlichen Schwerpunktes sein.
            Ausgehend von der Ortsgemeinde muss das m.E. (auch aus rein zeitlich-praktischen Gründen) dann nicht unbedingt der Pfarrer sein. An anderen Stellen kann es dann sicher noch einmal anders aussehen.

          • Ups – dieser Thead wird zu verschachtelt, da scheint WP nicht mehr mitzukommen, also zu:
            Johannes Brakensiek (@letterus) sagt:
            25. April 2012 um 5:33 pm

            >> Es funktioniert bei Facebook & Co. m.E. wenig gut und ist im kirchlichen Sinne auch wenig authentisch, wenn Personen ihren Namen als “Marke” hergeben, aber selbst nicht oder nur kaum in die dialogische Kommunikation eingebunden sind. … Vermutlich braucht Kirche beides und eine gute Mischung aus beidem, aber in jedem Fall eine persönliche, authentische Kommunikation.<<<
            Das unterstreiche ich gerne. Es geht nur "authentisch" und mit Personen, die auch gerne dialogisch kommunizieren. Ich würde konkretisieren: Warum zum Beispiel nicht einen/eine Pfarrer / Pfarrerin, der / die über Rundfunkandachten (man kann hier auch einen hippen Sender wie 1Live nehmen) bekannt ist, auch auf Facebook stark machen, hier könnte ein Transfer vom Radio zu Social Media stattfinden.
            Nochmals, ich hänge nicht am Pfarrer / der Pfarrerin, es könnte auch ein Mitglied einer christlichen Band sein, eine Kantorin oder der Jugendleiter, der/die für Kirche steht.

  2. Wie gesagt: Wichtig ist nicht, ob es ein Pfarrer oder eine Pfarrerin ist (abgesehen vom Profilbild), sondern dass man erkennt, dass ein Mensch dahinter steckt – egal ob Pfarrer, Kirchmeister, Sekretärin, Presbyterin oder ein Ehrenamtlicher vom Besuchsdienst. Wer als Person sein Herzblut in Twitter, Facebook und Co. steckt, läuft auch nicht Gefahr, unpersönlich und nachrichtlich zu posten und zu twittern. Fanpages und Twitterkanäle von kirchlichen Institutionen müssten also weg vom nachrichtlichen Stil eines RSS-Feeds, dann würde dort auch mehr \“geliked\“.
    Allerdings: Es kommt nicht immer auf die Anzahl der \“likes\“ an, sondern auf die Qualität der Kommunikation. Auch 1000 \“likes\“ könnten für die EKD ein Erfolg in Sachen Social Media sein.

  3. Ich kann @letterus nur zustimmen. Gerade die sozialen Netzwerke bieten doch viele Gelegenheiten zum Priestertum aller Gläubigen. Wenn Christen/-innen sich dort gelegentlich \“outen\“, sonst aber auch als ganz \“normale\“ Menschen erlebt werden, kann es schnell 50 Mitglieder einer Gemeinde geben, die sich an jeweils 150 \“Freunde\“ wenden können. Und so können viel mehr Netzwerke bespielt werden, als es ein Pfarrer je könnte.

  4. Die Sache ist aus meiner Sicht noch viel komplizierter, wenn ich mich als Pfarrer auf Facebook erkennbar mache. Ich habe meinen FB-Account nicht im dienstlichen Auftrag erstellt, sonder eher zunächst privat. Aber was heißt hier \“eher\“ und was \“privat\“? Die Frage beschäftigt mich seit einem dutzend Jahren, seit ich mal mit Predigten von mir online gegangen bin… (http://www.matthias-jung.de/Historie.html)
    Stimme im Grundsatz aber Johannes Brakensieg zu: die Inhalte sind entscheidend.

  5. Eigentlich ist doch egal, wie viele oder wenige Likes es der Kirche für dies oder jenes zu sammeln gelingt. Dieses Interesse an einem bestimmten Echo ist doch nur ein Symptom für das eigentlich Interessante:
    Irgendwie gibt es kaum noch jemanden, der die Kirche als solche leikt und vielleicht sogar mal hingeht. Die Kirche ist kein fischreicher See Genezareth, in den frisches Wasser auf der einen Seite hinein und auf der anderen Seite wieder hinausfließt, sondern ein Totes Meer am absoluten Tiefpunkt der irdischen Landmasse, in dem noch ein paar laue Tropfen ankommen, aus dem aber nichts mehr nach außen dringt. Eine völlig versalzene Brühe, die nicht mehr mit anderen Gewässern kommuniziert.
    Blöde Situation. Da verlegt man sich dann schon gern mal auf die unverbindliche, aber kurzweilige Ebene des Gesellschaftsspiels: \“Wollen wir auf Facebook Themen besetzen, müssen wir auf Personen setzen. Mache ich diese groß, wird auch mein Thema groß.\“ Besetzen, setzen, Personen (=bunte Männchen), groß werden – ja, so hört sich eine gelungene Mischung aus Mensch ärgere dich nicht, Schach und Monopoly an.
    Dank Facebook und Like-Buttons darf die Kirche endlich wieder irgendwo mitspielen. Der Button ermöglicht es, beliebige Inhalte oder solche, die es zu sein vorgeben, eben mal schnell abzunicken, ohne wirklich Stellung dazu nehmen zu müssen. Den Leikenden wird also nicht viel abverlangt, und der Geleikte wähnt sich allseits beachtet und geschätzt. Eine typische Win-Win-Situation also, und für die Beteiligten gar nicht mal teuer oder aufwendig.
    Fürs Image geht Kirche über Leiken. Da kann man nur sagen: Maranatha!

    • Hallo azad,
      ich gehe davon aus, dass du kein Troll bist, sondern ein ernsthaftes Anliegen hast und antworte deswegen einfach mal. Wenn ich deine Kritik richtig verstehe, stimme ich ihr prinzipiell zu: Kirche muss sich fragen, ob es ihr bei der Betätigung in den Medien um den Ausbau von Macht, Image und gesellschaftlichem Einfluss oder um die Kommunikation lebendigen Glaubens geht. Ich würde dir auch darin zustimmen, dass sich diese beiden Aspekte tendenziell ausschließen. Ich denke aber, dass der zweite Aspekt, sofern er Motivation ist, nicht unstrategisch oder planlos erfolgen muss.
      Gruß, Johannes

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