„Kirchenaustritt“ kommt auf kirchlichen Websites in der Regel nicht vor. Das Verschweigen von Informationen zum Thema Kirchenaustritt auf kircheneigenen Internetseiten verhindert aber keinen Kirchenaustritt, sondern führt nur dazu, dass stattdessen Inhalte anderer Anbieterinnen und Anbieter zu diesem Thema bei Online-Suchen gefunden werden. Diese berichten aber in der Regel aus einer Perspektive zum Kirchenaustritt, die sich gegen die Kirchenmitgliedschaft wendet.
Ein gutes Ranking hat beispielsweise Kirchenaustritt.de mit Links zum Internationaler Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA), zum Humanistischen Verband Deutschland (HVD), zur Humanistischen Union (HU), zur Giordano Bruno Stiftung (GBS), zur Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP), zum Koordinierungsrat säkularer Organisationen (KORSO) sowie zum Dachverband freier Weltanschauungsgemeinschaften (DFW). Um das Thema Kirchenmitgliedschaft, denn auch beim Austritt geht es um die Mitgliedschaft und deren mögliche Beendigung, nicht anderen, der Institution Kirche kritischen Organisationen zu überlassen, ist es notwendig, dass kirchliche Websites auch Inhalte zum Thema Kirchenaustritt anbieten.
Eine Analyse zum Thema Kirchenaustritt bei Suchmaschinen zeigt dabei folgende Punkte:
- Kirchenaustritt wird oft mit finanziellen Fragen verbunden. Hierzu gibt es kirchlicherseits aber keine Informationen, wie viel eine Kirchenmitgliedschaft tatsächlich kostet.
- Auch die Folgen eines Austritts bleiben auf kirchlichen Seiten meist unbenannt. Allerdings wäre die Kirche die Instanz, die verlässlich beantworten könnte, was ein Kirchenaustritt tatsächlich bedeuten würde („Christ bzw. Christin bleiben trotz Austritt?“).
- Da keine kirchlichen Webseiten zum Austritt gefunden werden, gibt es auch keine Kontaktmöglichkeiten und -angebote seitens der Kirche, um etwaige Mitgliedschaftsfragen zu klären.
Im Detail zeigt sich dabei, dass die Themencluster Kirchensteuer und Kirchenmitgliedschaft bei Suchanfragen miteinander verbunden werden, wie folgende Grafik nachweist.
Ebenso bleiben – da es bisher keine kirchlichen Websites zum Thema Austritt gab – für Suchende die Antwort offen, was das Ende der Kirchenmitgliedschaft für kirchliche Amtshandlungen (Taufe, Konfirmation, Trauung und Bestattung) und kirchliche Angebot wie Kindergärten bedeutet. Zwar ist dieser Aspekt dem Suchvolumen nach geringer, aber trotzdem sollte es dazu kirchlicherseits eine Antwort geben.
Die Analyse zeigt außerdem, dass Wissensfragen zum Kirchenaustritt nur lückenhaft verlässlich beantwortet werden können.
Seit Beginn dieses Jahres wurden daher auf der Website der rheinischen Kirche unter ekir.de nun Informationen zum Kirchenaustritt und den damit verbundenen Fragen bereitgestellt. Ziel war es, sowohl verlässliche Antworten und als auch Kontaktfläche zur Kirche anzubieten. Damit diese kirchlichen Informationen auch gut gefunden werden, werden diese Inhalte für Suchmaschinen optimiert; denn nur die ersten Ergebnisse bei einer Suchanfrage werden von Suchenden im Internet wahrgenommen. Die Analyse zum Thema Kirchenaustritt bei Suchmaschinen ferner gezeigt, dass es neben allgemeinen Anfragen auch viele Suchen mit regionalem bzw. lokalem Bezug gibt (z.B. Kirchenaustritt NRW bzw. Kirchenaustritt Aachen). Daher ist es sinnvoll, wenn auch Kirchenkreise dieses Thema angehen, denn rund ein Viertel der Keywords haben einen regionalen oder lokalen Bezug.
Aufgrund dieser Analyse, die in 2021 mit der Agentur Rheinwunder durchgeführt wurde, hat die Evangelische Kirche im Rheinland Informationsseiten zum Thema Kirchenmitgliedschaft einschließlich Kirchenaustritt und Kirchensteuer erstellt, die auf Suchmaschinen hin optimiert wurden.
Nach rund einem Quartal zeigen sich schon positive Effekte, so sind die neu angelegten Themenseiten bereits oft auf der ersten Seite der Google-Trefferliste.
Neben Austrittsseiten der rheinischen Kirche für die Bundesländer NRW, RLP, Hessen und Saarland haben auch die Kirchenkreise Aachen und Duisburg eigene SEO-optimierte lokale Seiten zum Kirchenaustritt angelegt.
Beim Anlegen dieser Seiten war es wichtig, Begriffe zu verwenden, die tatsächlich gesucht werden, auch wenn diese juristisch nicht korrekt sind, so gibt es beispielsweise auch die Keywords „Kirchensteuer abmelden“ auf der entsprechenden Seite der rheinischen Kirche. Unter den 100 am meisten angerufenen Seiten der rheinischen Kirche nehmen die Webseiten zum Thema Kirchenaustritt und Kirchensteuer rund ein Zehntel ein.
Die Hälfte dieser Seitenaufrufe nehmen dabei die Seiten zum Thema Kirchensteuer ein.
Neben SEO-optimierten Informationen bieten die neuen Seiten zum Thema Kirchenmitgliedschaft und Kirchensteuer auch Kontaktmöglichkeiten über Telefon und E-Mail. Auch wenn noch viel zu tun ist, zeigt diese anonymisierte E-Mail, dass nun zumindest Kontakt möglich ist für Kirchenmitglieder, die einen Austritt erwägen. Statt sang- und klanglos den Kirchenauistritt zu vollziehen, ist nun wenigstens ein Dialog möglich, um Fragen zur Kirchenmitgliedschaft zu klären.
Betreff: Geplanter Kirchenaustritt
Anonymisierte E-Mail
Hallo,
ich muss ehrlich sagen, dass ich keine Informationen zum Austrittsprozess brauche, die findet man zuhauf in der Google Suche.
Meine Gründe, weswegen ich aktuell mit dem Gedanken spiele auszutreten, haben hauptsächlich mit meiner Gemeinde zu tun, die keine wirklichen Angebote hat. Ich erwarte von einer Kirche schlichtweg mehr, als eine Kirchsteuer zahlende Nummer zu sein. […]
Ich würde genau diese Dinge gerne einem Vertreter meiner Gemeinde erklären, wie es in den Abschiedsbriefen der Pfarrer auch immer so nett gewünscht wird. Wenn das Angebot im vornherein aber noch nicht einmal gemacht wird und die einzige Kontaktmöglichkeit ein anonymes online Kontaktformular ist, das ich trotzdem gut finde und nicht der Kritikpunkt sein soll, und das noch nicht einmal für meinen Wohnort ([Bundesland]) zuständig ist, weiss ich nicht ob die Gemeinde diese Kritik überhaupt hören möchte. […]
Wenn sie mir sagen könnten, wer in der Kirche für so etwas zuständig ist, wäre mir aber wahrscheinlich schon geholfen.
Mit freundlichen Grüßen