Am 1. September – genau 80 Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkrieges – habe ich von Polen aus an der Übertragung eines Skype-Gottesdienstes mitgewirkt, der in Rheydt und Pasym gemeinsam gefeiert wurde. Die Predigt hielt in Rheydt Präses Manfred Rekowski, der zwei Wochen vorher in Dźwierzuty / Mensguth, einer Fialialgemeinde von Pasym, dem früheren Passenheim in Masuren/Polen, einen Abendmahlskelch zurückgegeben hat, der in den Kriegswirren verloren gegangen und in diesem Jahr in einem Auktionshaus wieder aufgetaucht war.
Die Rückgabe des Kelches und der gemeinsame Gottesdienst der beiden Gemeinden, die in einer Partnerschaft miteinander verbunden sind, waren ein Zeichen gelebter Versöhnung zwischen Deutschen und Polen.
Gemeinsame Gottesdienste via Skype in der Partnerschaftsarbeit
Für einen Skype-Gottesdienst, der gemeinam mit dem Kirchenkreis Goma in der Demokratischen Republik Kongo gefeiert wurde, erhielt im letzten Jahr der Kirchenkreis Saar-West einen Medienpreis der Evangelischen Kirche im Rheinland. Leider ist dieser Gottesdienst nicht als Video aufrufbar und es gibt keine online verfügbare Projektbeschreibung, daher schreibe ich hier unsere Erfahrungen auf, denn im Format von Skype-Gottesdiensten sehe ich eine gute Möglichkeit für Partnerschaftsarbeit.
Technik und Vorbereitung
Wichtigste technische Voraussetzung: an beiden Standorten muss es eine High-Speed-Internetverbindung geben. Diese am besten testen, bevor man überhaupt mit der weiteren Planung beginnt. Wenn es in der Kirche keinen DSL-Anschluss gibt, reicht unter Umständen auch eine Mobilfunkverbindung – beispielsweise auch über einen Gigacube – aber auch in diesem Falle muss die Netzabdeckung gut sein, was in Kirchen auch nicht immer der Fall ist. Also in jedem Fall vorab testen. Zur groben Orientierung: Für SD-Qualität benötigt man mindestens ca. 2 Mbit/s und für HD-Qualität ca. 6 Mbit/s im Upload.
In guten Ton zu investieren lohnt sich auf jeden Fall. Im Idealfall kann der Ton über die PA-Anlage in der Kirche abgegriffen werden. Um Brummschleifen zu verhindern, war der Einsatz einer DI-Box sinnvoll.
Für die Bildübertragung hatten wir in beiden Kirche jeweills zwei Kameras, eine nahm die Totale auf, die andere war besetzt. Beide Kameras und der Ton waren an einen Webpresenter (von Blackmagic) angeschlossen, so dass durch einfaches Umschalten am Webpresenter die Bildregie erfolgen konnte. Gegenüber dem PC, auf dem Skype läuft, gibt sich der Webpresenter als USB-Webcam aus. Technisch ist also die Skype-Übertragung ein ganz normaler Conference Call. (Zur Aufzeichnung des Gottesdienstes hatten wir in der Skypeschalte einen dritten Teilnehmer, der stumm blieb und von dessen Rechner wir die Übertragung gegrabbt haben.)
In jeder Kirche gab es eine Person für Regie und eine für die bemannte Kamera. Aus organisatorischen Gründen gab es außerdem einen Tontechniker in Polen.
Beamer und Leinwand
In den beiden Kirchen waren jeweils Beamer und Leinwand so positioniert, dass alle Besucherinnen und Besucher problemlos dem Gottesdienstgeschehen in der jeweils anderen Kirche folgen konnten.
Drehbuch: weniger ist manchmal mehr
Für den Gottesdienstablauf gab es ein Drehbuch. Achtung: die veranschlagten Zeiten sollte man realistisch schätzen, hierfür gibt es auch Tools. Über zu kurze Gottesdienste wird sich niemand beschweren, bei zu langen Gottesdiensten sinkt die Aufmerksamkeit. Weniger ist daher manchmal mehr. (Der hier gezeigte Gottesdienst ist länger als geplant, daher die Empfehlung, die Zeit realistisch einzuschätzen.) In der Partnerschaftsarbeit werdem oft zwei Sprachen benutzt, auch für die Übersetzung geht Zeit drauf. Außerdem darauf achten, dass beide Seiten gleichmäßig beteiligt sind. Um Rückkoppelungen zu vermeiden, kann immer nur eine Seite Ton übertragen. Deshalb haben wir im Drehbuch markiert, wer wann Ton sendet. Wer nicht sendet, mutet seinen Ton. An einigen Stellen sendet niemand – wenn zum Beispiel jeder in seiner Sprache das Vaterunser betet.
Proben und Regie
Es lohnt sich auf jeden Fall, den Gottesdienst vorab zu proben. Das umfasst den Aufbau und den Ablauf. Erst unter realen Bedingungen kommt es vielleicht zum Brummen oder Rauschen beim Ton. Merkt man dies einen Tag vorher, lässt sich noch Abhilfe schaffen. Da an zwei Orten Regie geführt wird, sollte man einen Kommunikationskanal zwischen beiden Standorten haben. Um die Kameraleute auch einzubeziehen, haben wir eine Konferenzschaltung genutzt, in die sich jeder per Handy eingewählt hat. Dabei am besten das Handy mit einem Kopfhörer verbinden. Innerhalb Europas fallen keine Roaminggebühren an. Bei einem Skypegottesdienst mit einem außereuropäischen Partner benötigt man einen anderen Kanal zur Kommunikation.
Gottesdienst als Erlebnis
Man sollte nicht unterschätzen, dass solch ein Gottesdienst auch ein Erlebnis für die beteilgten Gemeinden sind. An unterschiedlichen Orten kommt man gemeinsam im Gebet zusammen. Am Ende des Gottesdienstes herrschte eine gerührte Stimmung in der Kirche in Pasym. Dass Deutsche und Polen gemeinsam an unterschiedlichen Orten Gottesdienst an diesem geschichtsträchtigen Tag feiern, stiftete Gemeinschaft über Sprachgrenzen und räumliche Entfernung hinweg.
Gemeindeglieder schüttelten uns am Ende des Gottesdienstes die Hände und bedankten sich bei uns, wir spürten die Ergriffenheit, auch wenn wir wegen der Sprachbarriere nicht alles verstanden.
Von daher hat sich der Einsatz aus unserer Sicht gelohnt – im Nachgang weiß man natürlich auch, was man noch besser machen könnte. Dies tut dem positiven Fazit aber keinen Abbruch.
Rückflug
Das Verhältnis zwischen Deutschland und Polen ist vielschichtig. Dies wurde mir nochmals beim Rückflug deutlich. Wir stiegen am Olsztyn-Mazury Airport in den Flieger zurück nach Dortmund. 80 Jahre vorher sind von diesem Flughafen – damals unter dem Namen Groß Schiemanen – Görings Bomber zum Angriff gegen Warschau gestartet.
Session zum Skype-Gottesdienst auf dem Barcamp am 14.9.2019 in Essen
Session zum Skype-Gottesdienst auf dem Barcamp Kirche Online im September, Erfahrungen zum Skype-Gottesdienst ab Minute 37.