Gesundheits-App: Datenschutz bleibt ein Dilemma

Mit guten Vorsätzen will ich ins neue Jahr starten. Ich möchte gesünder leben. Eine Gesundheits-App soll mich dabei unterstützen. Ich will nicht nur bestimmte Fitness-Werte messen, sondern die App soll mir auch zu einer gesünderen Lebensweise helfen. Dazu muss die Health-App Zugriff auf meine Fitnessdaten erhalten. Und hier beginnt das Dilemma mit dem Datenschutz bei Gesundheits-Apps. Wer erhält meine persönlichen Gesundheitsdaten? Und was passiert mit ihnen? Hier erste Erfahrungen beim Einrichten der App.

Datenschutz bedeutet auch Kontrolle über die Daten der Gesundheits-App

Am liebsten hätte ich die vollständige Kontrolle über meine Daten behalten. Theoretisch ginge das, wenn nur mein Fitness-Tracker die Daten speichern würde. Auch müsste die Verarbeitung aller Daten auf einem Endgerät bei mir erfolge. Leider arbeiten Tracker und Health Apps aber nicht so. Die Daten landen unweigerlich in der Cloud. Daher sind Datenschutz und Datensicherheit die Crux bei Gesundheits-Apps.

Synchronisation in der Cloud bei Health-Apps

Seit sieben Jahren laufe ich regelmäßig und nutze dazu eine Running-App. Vor vier Jahren habe ich mir eine Laufuhr geholt, um auch ohne Handy in der Hand zu joggen und die Kilometer aufzuzeichnen. Bisher hat mich eigentlich nur interessiert, wie lange und wie schnell ich gelaufen bin. Über die letzten Jahre bin ich langsamer geworden. Allerdings bin ich auch mehr Kilometer gelaufen. Soweit die rudimentäre Auswertungen auf der Lauf-App. Eine Gesundheits-App braucht natürlich mehr Daten. Außerdem wünsche ich mir eine detailliertere Analyse meiner Fitness.

Obwohl die die Fitness-Uhr per Bluetooth mit dem Handy verbunden ist, geschieht die Synchronisation mit der Lauf-App über die Cloud. Die Fitness-Uhr hat (meines Wissens) nur die Stecke und Zeit an die Lauf-App weitergegeben. Eine Health-App erhält nun auch die anderen erfassten Gesundheitsdaten wie z.B. Herzschlag.

Mein Unbehagen wächst, als ich die Fitness-Uhr mit der Gesundheits-App verbinde. Beim Einrichten der Gesundheits-App arbeite ich außerdem einen Fragebogen ab und erfasse in der App meine medizinische Vorgeschichte. Meine Fitness-App liefert nun regelmäßig an die Health-App meine meine Fitness-Daten und Verhaltensweisen. In der Cloud synchronisieren sich die Apps. Da nun sensible Gesundheitsdaten von mir in der Cloud liegen, ist Datenschutz besonders wichtig.

Gesundheits-Apps nutzen Challenges

Zugang zu Information führt selten zu einer Verhaltensveränderung. Das zeigt sich auch in der Pandemie. Die Impfquote ist zu gering, obwohl alle verfügbaren Information nachweisen, dass eine Impfung am besten gegen Corona schützt. Wissen allein führt zu keiner Änderung im Verhalten. Pure Information erhöht nicht die Impfquote. Das belegt auch das Beispiel von Mediziner:innen. Sie haben auch Schwierigkeiten, denselben medizinischen Ratschlägen zu folgen, die sie ihren Patient:innen geben. Trotz umfassender Ausbildung und Zugang zu medizinischen Informationen sind Ärzte als Gruppe kaum besser darin, sich an Empfehlungen zur Verbesserung ihrer Gesundheit zu halten als Patienten.

Andere Anreize sind wichtig, um Verhalten zu ändern. Gamification und Nudging helfen dabei. Manchmal ist es auch ein simpler Wettbewerb. So bin ich an einem 29. Februar um halb elf abends noch zehn Kilometer gelaufen. Ich wollte unbedingt meinen Laufpartner schlagen. Wer mehr im Monat gelaufen war, erhielt vom anderen ein Sixpack alkoholfreies Weizenbier. Der monitäre Gewinn betrug zwischen drei und vier Euro. Dafür war ich rund eine Stunde bei Dunkelheit und Kälte noch draußen gewesen. Ich hatte in dieser Stunde deutlich weniger als den Mindeslohn verdient, aber den Wettbewerb gewonnen. Denn es ging nicht um Geld, sondern um den Gewinn der Challenge. So arbeiten auch Gesundheits-Apps: Sie setzen individuelle Ziele. Wer sie erreicht erhält, erhält eine Belohnung. Auch wenn der finanzielle Anreiz nicht wirklich entscheidend ist, will man die Belohnung. So arbeiten Health-Apps und können auch Verhalten verändern..

Abwägen zwischen Nutzen und Datenschutz bei Gesundheits-Apps

Das System der Anreize und Belohnungen funktioniert nur, wenn in der Health-App die Daten zusammenlaufen. Dafür ist aber das Synchronisieren und Speichern in der Cloud die Voraussetzung. Daher stellt sich für mich zuerst die Frage, ob mir der Nutzen einer Gesundheits-App es Wert ist, Kontrolle über sensible Gesundheitsdaten abzugeben. Und wenn ja, folgt die Frage: Wem vertraue ich meine Daten an? Glaube ich, dass der Anbieter den versprochenen Datenschutz tatsächlich einhält?

Seitdem ich meine Smart-Watch mit meinem Handy synchronisiere, stellt sich für mich die erste Frage nicht mehr: meine Fitness-Daten landen bereits in der Cloud. Meine Smartwatch zum Laufen hatte ich mir so ausgesucht, dass sie kompatibel ist mit meiner Lauf-App. Die Datenschutzhinweise habe ich erst später wahrgenommen:

Außerdem speichern wir Informationen wie Ihre Schlaf- und Aufstehzeiten, damit Sie nicht während des Schlafens Benachrichtigungen erhalten, sich zu bewegen. Es ist also in Ihrem Interesse, dass uns diese Daten vorliegen.

Ferner gibt der Hersteller der Smartwatch die Daten in anonymisierter Form weiter:

Gelegentlich teilen wir Daten in aggregierter, anonymer Form mit strategischen Partnern und anderen Dritten oder verkaufen sie an diese Partner bzw. Dritten.

Meine Lösung bisher: Die Uhr am besten nur zum Laufen verwenden.

Wenn ich bereits meinem Fitness-Tracker erlaube, Daten in die Cloud zu funken, habe ich damit für mich auch schon die Frage nach dem Datenschutz beantwortet: Ich habe die Kontrolle über meine Daten abgegeben und vertraue, dass der Anbieter meiner Fitness-Uhr sie hinreichend schützt. Ich gebe zu, ich habe ein ungutes Gefühl. Vor dem Kauf der Uhr hätte ich sorgfältiger das Kleingedruckte in Bezug auf den Datenschutz lesen sollen.

Kontrollverlust und Vertrauen

Wenn ich aber schon einen Fitness-Tracker nutze, stellt sich bei einer Gesundheits-App für mich nur die Frage, ob der Anbieter der Health-App hinreichend meine Daten schützen und nur vertragsgemäß verwenden wird.

Als Gesundheits-App habe ich Generali Vitality für mich ausgewählt. Die Wahl erfolgte eher zufällig. Voraussetzung für die Mitgliedschaft bei Vitality ist ein Versicherungsvertrag beim Mutterkonzern Genrali. Meine Versicherung bei Generali hat keinen Bezug zu Gesundheit, daher werden meine Gesundheitsdaten nicht im Rahmen eines Versicherungstarifes genutzt. Das läge natürlich anders, wenn mein Versicherungsvertrag von meinem gesundheitsbewussten Verhalten abhinge. Die Verwendung von Gesundheitsdaten im Rahmen einer Versicherungsvertrages — wie sie auch Generali in bestimmten Tarifen anbietet — ist natürlich anders zu bewerten.

Das Versicherungswesen ist stark reglementiert. Dies erhöht mein Vertrauen gegenüber dem Anbieter. Das Geschäftsmodell — soweit ersichtlich — liegt auf auf Erprobung und Kundenbindung. Außerdem ist eine Versicherungsgesellschaft daran interessiert, Daten zu erheben, um Risiken besser bewerten zu können. Die schnelle monetäre Verwertung der Daten wie bei kostenlosen Apps ist daher nicht der Business Case dieser Health App.

Verhaltensveränderung durch Belohnungen

Mit den Schlagworten „Bewusst machen — aktiv leben — belohnt werden“ erklärt Genrali Vitality sein Gesundheitsprogramm. Gesundheitsförderliches Verhalten wird belohnt, als Anreiz wirken Gutscheine für Partnerunternehmen.

Für die Teilnahme am Vitality-Programm muss man eine Jahresgebühr entrichten. Diese muss man mit möglichen Gutscheinen verrechnen, wenn man die Kosten der App berechnen will. Leider ist nicht direkt ersichtlich, für welches Verhalten es welche Prämien gibt. Hier wäre mehr Transparenz wünschenswert. Die zu gewinnenden Voucher sind für mich Anreiz genug. Ginge es nur darum, etwas abzusahnen, dürfte es bessere Möglichkeiten geben, Gutscheine zu gewinnen.

Nach Abschluss des Vertrages erreicht mich eine E-Mail mit ersten Instruktionen:

Begrüßung bei der Gesundheits-App Genrali Vitalit
Begrüßung bei der Gesundheits-App Genrali Vitality
Machen Sie Ihre ersten Schritte mit Generali Vitality
Die ersten Vitality Punkte können Sie ganz einfach sammeln. Füllen Sie beispielsweise unseren Generali Vitality Gesundheitstest aus und erfahren Sie so Ihr Vitality Alter. Und besonders wichtig: aktivieren Sie die wöchentliche Generali Vitality Challenge. Wenn Sie das wöchentliche Bewegungsziel erreichen, warten Woche für Woche attraktive Belohnungen auf Sie.

Im Vorfeld hätte ich mir mehr Transparenz erwünscht. Wie wirkt sich welches Verhalten aus? Welche Challenges gibt es? Auf welche Art wird beispielsweise das Vitality-Alter berechnet? Mein Fazit beim Start des Programms: Interessant, ich bin motiviert. Aber auch: Mehr Transparenz im Vorfeld wäre sinnvoll.

Erstes Fazit: Gesundheits-App und Datenschutz

Ich habe hier über die ersten Schritte mit einer Gesundheits-App berichtet. Ich bin gespannt, ob und wie sich durch die Nutzung der App Einschätzungen ändern werden. Mein Unbehagen in Bezug auf den Datenschutz bleibt. Es ist ein Dilemma: Den Gesundheitszustand vie App zu verbessern geht nur, wenn ich Unternehmen meine Daten für die Nutzung in der Cloud anvertraue. Der Preis sind meine Daten — ohne sie geht es nicht.


Offenlegung: Auf Generali Vitality hat mich mein Bruder aufmerksam gemacht, der bei Generali arbeitet.

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