Gender-Stern oder Doppelpunkt? Ein Überblick über Gender-Marker und ihre Auswirkungen auf die Barrierefreiheit

In einer zunehmend vielfältigen Gesellschaft gewinnt die genderinklusive Sprache immer mehr an Bedeutung. Auch für Kirche ist Inklusion ein wichtiges Thema. Dabei ist es wichtig, verschiedene Aspekte und Perspektiven der Inklusion miteinander zu verknüpfen, um Inklusion ganzheitlich zu betrachten und nicht an einer Stelle Inklusion zu schaffen, während an einer anderen Exklusion entsteht.

Toilettenzeichen in De Oude Kerk in Amsterdam

Gängige Gender-Marker

Eine der meistdiskutierten Fragen in Bezug auf geschlechtergerechte Sprache ist es, welcher Gender-Marker am besten geeignet ist, um eine genderinklusive Sprache zu unterstützen. Häufig verwendet werden der Gender-Stern oder Asterisk(*), der Doppelpunkt (:) und der Unterstrich (_). Ebenso Verwendung findet das Binnen-I oder Schreibweisen mit Bindestrichen, also: Mitarbeiter*innen, Mitarbeiter:innen Mitarbeiter_innen, MitarbeiterInnen, oder Mitarbeiter/-innen. Statt auf Gendermarker zu setzen, kann man auch wie die Nachrichtenagentur dpa auf sprachliche Alternativen setzen, um das generische Maskulinum zu verwenden. Eine andere Option ist es, abwechselnd männliche und weibliche Pluralformen zu verwenden.

Barrierefreiheit und Screenreader: Eine gemischte Situation

Die verschiedenen Varianten der Gendermarker werden technisch unterschiedlich von Screenreadern umgesetzt. Laut Taner Aydın von a11yup ist die Situation bei der Nutzung von Screenreadern sehr gemischt. Während das Binnen-I bereits relativ großflächig unterstützt wird, haben das Sternchen und der Doppelpunkt noch Nachholbedarf. So wird der Doppelpunkt von manchen Screenreadern wie Readspeaker als Pause gelesen, während der Stern als „Stern“ vorgelesen wird. Auf a11yup gibt es auch Audio-Proben, wie die verschiedenen Gendermarker von NVDA, Narrator, JAWS, VO, iOS, Siri, Amazon und Google vorgelesen werden. Diese Hörbeispiele fasst Taner Aydın so zusammen:

„Wie sich in den Ergebnissen erkennen lässt, ist die Situation sehr gemischt. Während das Binnen-I als eher ältere Schreibweise schon relativ großflächig unterstützt wird, wird das Sternchen, welches bis vor einer Weile als inklusivste Variante präferiert wurde, bis jetzt nur von Amazon Polly korrekt ausgegeben. Der Doppelpunkt, der allmählich das Sternchen zu ersetzen scheint und momentan als vermeintlich beste Variante propagiert wird, ist ein zweischneidiges Schwert. Ja, er erzeugt eine hörbare Pause, aber keinen Glottisschlag. Er ist im Grunde ein ‚Hack‘, denn er zwingt den Screenreader dazu eine längere Pause wie am Ende eines Satzes zu machen. Und das ist auch logisch. Der Doppelpunkt ist ein Satz(ende)zeichen.“

Readspeaker – oft auf Webseiten als Vorleseprogramm im Einsatz – liest den Doppelpunkt als Pause, den Stern allerdings als „Stern“. Unter https://www.readspeaker.com/text-to-speech-demo/ lässt sich ausprobieren, wie Readspeaker Texte vorliest.

Universitäre Praxis: Der Doppelpunkt im Fokus

Im universitären Kontext ist der Doppelpunkt weit verbreitet. Die Universität Hamburg beispielsweise listet ihn in Bezug auf Barrierefreiheit bei Screenreadern als erste Option und verwendet ihn in ihren Publikationen (siehe: Empfehlung geschlechtergerechte Sprache).

Es gibt auch Institutionen, die den Doppelpunkt bevorzugen, wie die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, die argumentiert, dass der Doppelpunkt die Anforderungen der Barrierefreiheit bestmöglich erfüllt (siehe: Ja zu diskriminierungsfreier Sprache).

Stellungnahme des DBSV: Der Genderstern als Favorit

Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) favorisiert den Genderstern. In seiner Stellungnahme argumentiert er, dass der Stern aufgrund seiner größeren Verbreitung einem Konsenszeichen am nächsten komme. Gendermarker seinen in Bezug auf Barriefreiheit jedoch eine Notlösung. Die besten Option wäre es, Textlösungen zu finden, die kein Geschlecht ausschließen (z. B. „Team“ statt „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“).

Ergebnisse der Studie zur gendergerechten, digital barrierefreien Sprache

Die „Empfehlung zu gendergerechter, digital barrierefreier Sprache“ der Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik untersucht die Verwendung von Genderstern und Doppelpunkt in einer repräsentativen Studie. Die Ergebnisse aus der technischen Prüfung, der Interviews mit Selbstvertretungen der Menschen mit Behinderungen und der Interviews mit LGBTI*Q-Personen werden so zusammengefasst:

„Die technische Prüfung ergibt in der Barrierefreiheit keine Vorteile der typographischen Zeichen zueinander im Hinblick auf Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit und Verständlichkeit (Robustheit). Die Befragung der Selbstvertretungen der Menschen mit Behinderungen zeigt eine signifikante Bevorzugung beim Gendern in der Verwendung des Asterisks.“

Daher votiert die Studie für die Nutzung des Sterns.

Fazit: Warum der Asterisk bevorzugt werden sollte

Auch in der LGBTI*Q-Community wird der Stern präferiert, wie es bereits am Stern in der Selbstbezeichnung deutlich wird. Der Asterisk steht für eine bewusste Auseinandersetzung mit Geschlechtervielfalt und Inklusion, indem er explizit auf die Existenz verschiedener Geschlechtsidentitäten hinweist. Diese deutliche Markierung ist ein wichtiges Zeichen der Wertschätzung und Anerkennung der Diversität, die in unserer Gesellschaft existiert. Während der Doppelpunkt auch in anderen Kontexten Verwendung findet und als Satzzeichen bereits eine eigene Bedeutung hat, bleibt der Asterisk in seiner Funktion als Gender-Marker eindeutig und unverwechselbar.

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