Vom Handy als Gesangbuch, Luther auf Minecraft, dem Eintreten gegen Rassismus und Kollekten ohne Bargeld


Die European Christian Internet Conference ist ein Austauschort für Ideen unter kirchlichen Internetbeauftragten, es ist hilfreich zu sehen, wie Kolleginnen und Kollegen aus Nachbarländern mit denselben Herausforderungen umgehen, oder vor welchen Herausforderungen sie stehen, die im eigenen Land noch nicht aktuell sind. Die Konferenz fand letzte Woche in Göteburg auf Einladung der Kirche von Schweden statt.

Handy im Gottesdienst

Den Eröffnungsgottesdienst durfte ich halten, zum Ausdrucken der Liturgie und Liedzettel hatte es nicht gereicht, so hatte ich Gebet und Lieder noch schnell vor dem Gottesdienst auf der Website hochgeladen. Statt Liedzettel oder Gesangbuch hielten alle während des Gottesdienstes ihr Smartphone oder Tablet in der Hand – ein etwas ungewöhnlicher Anblick, aber es war für die Anwesenden normal. Bei den Morgenandachten an den Folgetagen zückten alle Handy oder Tablet für Lieder und Gebete. Ein Kollege bemerkte, dass diese Praxis leider aus urheberrechtlichen Gründen bei vielen Liedern nicht möglich sei. Ich selbst merkte jedoch, wie gut sich ein Handy im Gottesdienst anfühlt, wenn alle anderen auch eins in der Hand halten. Daheim überlege ich immer, ob ich im Gottesdienst das Handy in die Hand nehme, um den Bibeltext nachzulesen;  und mich zumeist dagegen entscheide wegen der Blicke, die ich dafür ernten würde. (Letzte Woche hatte ich ein Gespräch zu einer Website, um Menschen aus anderen Kulturen in unseren Gemeinden willkommen heißen sollen, dafür sammelt eine Kollegin Fragen ausländischer Christinnen und Christen, eine lautet: Darf man in Deutschland das Handy zum Bibellesen benutzen)

Mit Minecraft zum Reformatonsjubiläum

Bereits letztes Jahr hatten die Kollegen aus Finnland einen Minecraft-Server vorgestellt, den sie für kirchliche Jugend- bzw. Kinderarbeit betreiben. Für das Reformatonsjubiläum haben sie nun in den beiden Landessprachen Finnisch und Schwedisch Luthercraft als Spiel aufgesetzt. Ihr Ziel ist, so die Beschäftigung mit Martin Luther im Jahr des Reformationsjubiläums in die Grundschulen zu bringen. In Finnland ein Minecraft-Game zum Reformationsjubiläum, in Deutschland muss man sogar bei den Hashtags überlegen, nimmt man das kurze: #ref2017 oder #reformationsjubiläum.

Rassistische Demos auch in Finnland

Fremdenfeindlichkeit ist kein exklusives Deutsches Problem, so wie Pegida das christliche Abendland verteidigen will, gibt es auch in Finnland bei fremdenfeindliche Demontrationen Kreuzesträger. Als der Social Media Manager der evangelisch-lutherischen Kirche Kreuze auf einer rassistischen Demonstration sah, twitterte er spontan mit dem offiziellen Account seiner Kirche, Kreuze und christliche Symbole wären auf rassistischen Demos völlig fehl am Platz.


Die Medien griffen den Tweet auf und berichteten darüber. Neben Zustimmung gab es auch Ablehnung, böse Mails und – nach Angaben des Social Media Managers – 800 Kirchenaustritte. Da man in Finnland online aus der Kirche austreten kann und diese Zahlen frei abrufbar sind, lässt sich die Reaktion auf kirchliches Handeln direkt ablesen. Gegen Rassismus einzutreten hat einen finanziellen Preis für die Kirche, denn Ausgetretene zahlen kein Kirchensteuer mehr – die christliche Botschaft auszusprechen ist nicht zum Null-Tarif möglich. Fremdenfeindlichkeit ist eine Bekenntnisfragen für Kirchen heute in Europa.

 Klingelbeutel ohne Bargeld

Bargeldloses Resaturant

Bargeld wird in Schweden immer weniger benutzt, es gibt Restaurants, die nur Kartenzahlung akzeptieren und selbst Kleinstbeträge wie zur Benutzung einer öffentlichen Toilette bezahlt man bargeldlos. Neben Karten ist auch das Bezahlen über Smartphone sehr üblich, man „swisht“ das Geld über Handy, das der Empfängerin oder dem Empfänger augenblicklich gutgeschrieben wird. Wenn man die Swish-App auf dem Handy installiert hat, wählt man jemand aus seinen Kontakten (dessen Mobilfunknummer man kennt) aus, gibt den Betrag ein und den PIN des Online-Bankings und das Geld wird transferiert. Das geht deutlich schneller, als den passenden Geldbetrag aus der Geldbörse zusammenzusuchen. Das veränderte Zahlungsverhalten macht auch vor Kirchen nicht halt, es gibt Kreditkarten-Terminals als Spendenautomaten in Kirchen, und man kann – statt seine Kollekte in den Klingelbeutel zu werfen – diese auch swishen. Auf der Liedanschlagtafel oder im Programm steht die Mobilfunknummer der Gemeinde, während der Kollektensammlung zücken die Gottesdienstbesucher ihr Handy und swishen die Kollekte.
Zum Singen, Beten oder für die Kollekte, das Handy hat seinen Platz im Gottesdienst.


Dank an: @suonpaa @SimonLampenius @martinschild
 

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