Viele mögen gerne Kekse essen, aber Cookies sind nicht nur süße Backwaren, sondern auch Dateien, die im Browser abgelegt werden und so die Identifikation von Nutzerinnen und Nutzern ermöglicht. Diese Cookies sind für viele User lästig, sie ermöglichen es, dass einem Werbeanzeigen zum selben Thema auf den verschiedensten Seiten angezeigt werden, wenn man sich einmal für ein Thema interessiert hat. Seit rund 25 Jahren gibt es Cookies, aber nun kommt langsam ihr Ende und die digitale Werbewirtschaft fragt, was an ihre Stelle tritt.
Die EU-Datenschutzgrundverordnung sollte Bewusstsein schaffen und hat uns die Cookie-Banner gebracht. Cookie-Nutzung soll transparent sein und setzt das Einverständnis der User voraus. Aber wir klicken dann einfach auf „Ja“, stimmen zu und dann ist auch der lästige Banner weg. Die meisten verstehen nicht, was alles im Hintergrund passiert, denn die digitale Werbewirtschaft hat nicht ausreichend erklärt, was Cookies machen – und auch nicht, was sie Nutzerinnen und Nutzern bringen.
Seit einer Woche verbannt der Firefox-Browser so genannte third-party tracking cookies, auch Apple fährt mit Safari einen restriktiven Cookie-Kurs. Auch wenn das Cookie noch nicht tot ist, es ist aber ein Auslaufmodell – und die Frage ist, was an seine Stelle tritt.
Die digitale Werbewirtschaft steckt in einer Identitätskrise, wie es der Titel „Advertising ohne Cookies: Steckt das digitale Marketing in einer Identitätskrise? “ einer Veranstaltung ausdrückt. Sie muss neue Wege suchen, Nutzerinnen und Nutzer zu identifizieren, so dass sie mit individualisierter Werbung über Websites hinweg angesprochen werden können.
Wer kontrolliert die Identität? In Zukunft der Browser? Oder Unternehmen? Oder Stiftungen? Oder muss man sich auf jeder Website neu anmelden, um personalisierte Dienste zu erhalten? Würde das überhaupt jemand machen?
Wie sollen Märkte im Internet gestaltet werden? Welche Grundsätze sollen dafür gelten? Inhatsanbieter dürften beispielsweise keine Identitätsanbieter sein, so eine Forderung auf der Veranstaltung. Braucht es europäische Anbieter, um nicht von Google, Amazon, Apple und Facebook als Identitätsprovider abhängig zu sein?
Das Motto der diesjährigen DMEXCO lautet „Trust in you“. Damit Nutzerinnen und Nutzer Vertrauen haben haben können, muss transparent von der Werbewirtschaft erklärt werden, wer wie zukünftig die Identitäten verwaltet. Außerdem: wer keine plattformübergreifende programmierte Werbung haben willl, muss die Wahl haben, dies anzulehen. Privacy muss auch eine Option bleiben, damit Vertrauen entstehen kann.
Kein übergreifendes Thema
Der langsame Tod der Cookies ist zwar für die digitale Werbewirtschaft wichtig, aber nur eines neben vielen anderen Themen. Das Motto „Trust“ verweist auch in viele Bereiche. Auf der DMEXCO19 habe ich nicht das eine übergreifende Thema wahrgenommen.
Agilität und Schnelligkeit sind wichtig, damit man sich nicht langfristig binden muss. Dazu passen auch „headless“-Systeme, so dass sich ein Frontend nach Bedarf austauschen lässt.
Auch verschiedene Gesprächspartner konnten mir nicht benennen, was das entscheidende Thema sei, sondern verwiesen auf ein Bouquet an Themen auf der diesjährigen DMEXCO.
Voice und Chat
Im letzen Jahr waren Künstliche Intelligenz (KI) und Voice dominant auf der DMEXCO, auch die DSVGO nahm einen großen Raum ein. Der Hype dieser Themen ist nun vorbei, die Normalität hat eingesetzt. In viele Entscheidungsfindungsprozesse ist bereits KI integriert. Bei Bots und Voice hat einserseits die Ernüchterung eingesetzt, andererseits bewähren sie sich bereits im Einsatz.
Voice ist z.B. in der Otto Group mehr im Aftersale-Bereich als im Presale im Einsatz. Aber es ist bereits möglich, bei Otto über den Google Assistant einzukaufen, aber Voice rechnet sich noch nicht. Bei Hermes – hier geht es um das Tracking von Sendungen – laufen bereits 16 Prozent aller Serviceanfragen über Chatbots und 85 Prozent dieser Anfragen werden final durch den Bot geklärt.
Voice gehört noch in die Innovtionsabteilung, Chatbots liefern aber schon Performance ab, so ein Fazit auf einem Panel. Wer bei den Erstern dabei ist, hat später einen nicht aufholbaren Wettbewerbsvorteil, daher investieren Unternehmen jetzt in Voice-technologien, auch wenn es sich noch nicht lohnt.
Im Radio gibt es in den USA bereits erste Versuche im Voice Advertising. Es läuft Radiowerbung, dabei werden die Zuhörerinnen und Zuhörer direkt angesprochen und zur Interaktion aufgerufen und nutzen Alexa oder Google Home als Rückkanal.
Bei Audio und Voice ist noch viel Potenzial zur Entwicklung. Podcats sind wieder im Kommen, aber die meisten sind noch nicht über Skills abrufbar. Von Voice kommend gibt es erste Bemühungen, Mimik und Gesten zur Steuerung zu nutzen.
Der Hype ist vorbei, es gibt schon rentable Einsatzszenarien und die Entwickung geht weiter. Ich bin gespannt, was auf der DMEXCO im September 2020 präsentiert werden wird.
Die DMEXCO in Zahlen: Rund 1.000 Aussteller aus 40 Ländern, mehr als 600 Speaker und rund 40.000 Besucher nahmen in diesem Jahr an Europas wichtigstem Event für die digitale Wirtschaft in Köln teil. Die DMEXCO 2020 findet am 23. und 24. September 2020 in Köln statt.