Katholische Kirche: Wir müssen lernen, in der Netzkultur zu leben!

Letzte Woche trafen sich 50 Internetexperten zur ökumenisch ausgerichteten  European Christian Internet Conference in Rom, die auf Einladung der italienischen Bischofskonferenz in Rom stattfand. Eine gute Übersicht über die Beiträge aus neun europäischen europäischen Ländern findet sich auch im Blog der katholischen Kirche Oberösterreichs, besonders interessant waren jedoch die Impulse aus Italien und dem Vatikan. Man merkte, wie innerhalb der katholischen Kirche um den Umgang mit dem Internet und den sozialen Netzwerken gerungen wird.
Dabei reichen manchmal 140 Zeichen aus, um treffend eine Position zu beschreiben:
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Das Internet ist für Mgr. Claudio Maria Celli, den Präsidenten des Päpstlichen Rates für die sozialen Kommunikationsmittel, kein Mittel oder Werkzeug zur Evangelisation, sondern ein Ort der Netzkultur – und in dieser Kultur müssen wir als Kirche präsent sein und dort das Evangelium zu verkünden. Ohne dass es ausgesprochen wurde, habe ich dabei auch das Wort „Inkulturation“ mitgehört, d.h. die Kirche muss sich auf die Netzkultur – Celli sprach auf Englisch von „Digital Culture“ – einlassen, diese verstehen und dort präsent sein und im Dialog das Evangelium verkünden. Auf der ECIC buchstabierte dann Antonio Spadaro aus, was dies für die (katholische)  Kirche bedeutet, der es mit seinem Buch Cybertheologie in die italienische Zeitung Repubblica und in den Economist brachte.
Erzbischof Cellis Aussage, dass das Internet kein Werkzeug sei, ist eine weiter Schritt nach vorne. Unter seinem Vorgänger Erzbischof John P. Foley wurde das Verhältnis der katholischen Kirche zum Internet noch anders bestimmt, hier war der Gedanke des Internet als eines Werkzeuges für die Evangelisation noch bestimmend:

Das Internet stellt ein wirksames technisches Mittel für die Verwirklichung dieser Vision zur Verfügung.

Hier gibt es also ein Instrument, das für verschiedene Aspekte von Verwaltung und Leitung genutzt werden kann. Neben der Öffnung von Kanälen für den Ausdruck der öffentlichen Meinung stellen wir uns Verschiedenes vor wie die Beratung durch Experten, die Vorbereitung von Versammlungen und die Praxis der Zusammenarbeit in und zwischen den Teilkirchen und religiösen Instituten auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene. http://www.vatican.va/roman_curia/pontifical_councils/pccs/documents/rc_pc_pccs_doc_20020228_church-internet_ge.html

Celli und Spadaro beschreiben eine Vision, es braucht Zeit, bis sich diese auch innerhalb des Vatikans entwickelt. Interessant wäre es, diese Position, sich als Kirche auf die Netzkultur einzulassen, auch auf Deutschland zu übertragen. Was heiße das für die katholische Kirche – und auch für die evangelische? Wo sind wir in der Netzkultur, die sich häufig atheistisch gibt, präsent? Wir müssen lernen, in der digitalen Kultur zu leben, nur dann können wir in diesem Lebensraum auch den Dialog suchen. Die Netzkultur darf für uns keine fremde Kultur sein, sondern wir müssen in ihr leben lernen.

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2 Antworten zu “Katholische Kirche: Wir müssen lernen, in der Netzkultur zu leben!”

  1. Man muss sich nichts vor machen:
    Kirche ist \“semper reformanda\“, muss sich immer wieder neu auf die Probe stellen und dort ändern, wo es nötig ist.
    Dies fällt der evangelischen Kirche schwer. Die Mitarbeitenden sind meist so sehr kirchlich sozialisiert (ich nehme mich da nicht aus), dass wir oft gar nicht mehr merken, wie die Kultur rundherum sich geändert hat. Im Gegenteil: Ich stoße immer noch auf Pfarrerinnen und Pfarrer, die stolz darauf sind, unter Kultur nur \“Bach und Beethoven\“ zu verstehen und von da aus Kirche und kirchliches Leben zu gestalten.
    In der kath. Kirche fällt die Änderung etwas leichter. Wenn der Bischof eingesehen hat, dass eine Änderung nötig ist, dann stielt er diese ein, benennt Verantwortliche und dann passiert etwas. (So habe ich es in Essen in Bezug aufs Internet erlebt. Erinnert sich noch wer an Pfr. Gerhard Reinders?) Das Ganze gilt aber nur, soweit es durch die vielen theologischen Entscheidungen der Vergangenheit gedeckt ist und sich die Kirche bei Widersprüchen nicht daran gebunden fühlt und die zu beanstandenden Entscheidungen durch theologisch fragwürdige Winkelzüge weiterhin legitimiert.
    Kriterium ist für mich dabei immer 1. Kor 13, 2+3+9+13 – Theologie mag sich die Wahrheit erarbeiten. Wenn das Ergebnis lieblos ist, nützt es alles nichts. Im Zweifel ist die Liebe wichtiger als die Wahrheit. So hat es Gott im Umgang mit den Menschen immer wieder vorgemacht. Kirche neigt dazu, die Wahrheit überzubewerten, so wichtig diese auch sein mag, und in ihrem Handeln, auch in ihrem ethischen Handeln, lieblos zu werden.
    Dies merken die Menschen. Und sie sagen es einem auch, wenn man ihnen zuhört und sich auf sie einlässt.
    Und da hilft alles nichts: Wenn sich Kirche da nicht auf ihre Wurzeln besinnt, dass ihre Botschaft nämlich eine Liebesbotschaft ist, und dass sich dies in der Praxis vor Ort so auch zeigen muss, auch in kritischen Situationen, im Zusammenleben mit Geschiedenen, im Umgang mit Schwulen und Lesben, im Umgang mit kirchenfernen oder anderskonfessionellen oder andersreligiösen Mitarbeitern, im Umgang mit Frauen in hohen Ämtern: Kirche kann sich im Internet auf den Kopf stellen: Sie wird mit dem Evangelium auch im Internet nicht landen können, sofern sie an vielen anderen Stellen nicht als glaubwürdig wahrgenommen wird. Und sie wird an vielen Stellen (leider nur zu recht) nicht als glaubwürdig wahrgenommen.
    Das eine oder andere erfolgreiche Projekt mag darüber hinweg täuschen, auch im Internet. Aber es verhindert manchmal Änderungen \“an der Wurzel\“.

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