Treffpunkt für die deutsche Netzcommunity ist zurzeit die re:publica in Berlin. In der Netzcommunity weht der Kirche manchmal ein starker Wind entgegen, so Präses Manfred Rekowski im Grußwort beim Get Together für Webworker aus Kirche und Diakonie. Auf der anderen Seite entdecke ich durchaus religiöse Momente auf der re:publica.
Auf dem Weg zum „Welcome“ auf Stage 1, laufe ich an einem Stand für atheistische Schuhe vorbei – die atheistische Ausrichtung der Netzcommunity ist nichts Neues, nur habe ich diese noch nicht mit Schuhen in Verbindung gebracht. Erstmal schnell zum Welcome, um die Schuhe kann ich mich später kümmern.
Wüsste ich nicht, dass ich auf einer Netzkonferenz bin, käme bei mir Kirchentagsstimmung auf. Große Halle, voll besetzt, freundliche Helferinnen und Helfer. Die Eingangsliturgie wird auf der Bühne zelebriert. Statt Fürbitten für Unterdrückte und Verfolgte am Ende des Gottesdienstes zu halten, werden die Bilder verfolgter Netzaktivistinnen und -aktivisten aus Diktaturen an der Wand präsentiert mit einem Link zu den entsprechenden Online-Petionen. Nicht nur Fübitte, sondern auch die gute Tat ist mit wenigen Klicks möglich.
Eine weitere Momentaufnahme aus der Session „Neue Narrative gegen Überwachung„mit Friedemann Karig. Der Vortragende erwähnt die dabei Volkszählungen und verweist auf biblische Weihnachtsgeschichte: „Für die, die die Bibel nicht kennen. Das ist wie Wikipedia, alle haben mitgeschrieben.“ Und nach einer Pause: „Und jeder hat es geglaubt.“
Gegen bekannte Sprachbilder, die Überwachung rechtfertigen („Ich habe nichts zu verbergen“) müssen wir neue setzen, eines der vorgeschlagenen: „Geheimnisse sind heilig, denn Wissen ist Macht.“
Religiöse Sprache und Bilder entdecke ich an vielen Stellen auf der re:publica, aber in einer Umgebung, in der Kirche nicht gesetzt ist.
Darauf müssen wir uns als Kirche einlassen, so Präses Manfred Rekowski beim Get Together:
“Wir sind ein Player unter Vielen.” Kirchliches Selbstverständnis im Web… #wework14 #rp14
— pluralog (@Pluralog) May 6, 2014
Das ist kein Wehklagen, sondern gibt Gelegenheit zu interessanten Gesprächen.
Ich erlebe auch freundliche Neugier und Überraschung auf der re:publica, so mit dem Vertreter von AtheistBerlin, der die atheistischen Schuhe herstellt und stolz darauf ist, dass einer der Veranstalter seine Schuhe trägt.
Also #rp14 ist kein Heimspiel, sondern ein weites Feld für Dialog, denn die Digitalisierung betrifft unsere gesamte Gesellschaft.
3 Antworten zu “Heilige Daten und atheistische Schuhe”
[…] Fazit: Wer sich vor atheistischen Schuhen nicht fürchtet, sollte nicht darauf warten, dass sich die Netzgemeinde beide Jesus-Latschen […]
[…] der Heiligen Schrift hören werden, die anders sind als bei einer Predigt in einer Kirche. Ich habe früher geklagt, dass Kirche den gesellschaftlichen Anschluss verloren hat in Bezug auf die…, bei den Vorbereitungen dieses Gottesdienstes kam es jedoch zu Gesprächen auf […]
[…] ich per Twitter Rückmeldung, was Kirche auf der re:publica überhaupt wolle. Damals gab es wohl Berührungsängste, heute scheint Kirche angekommen zu […]