Kürzlich kündigte Facebook-Chef Mark Zuckerberg an, in Zukunft werde Facebook seinen Algorithmus ändern und viel stärker Beiträge von Freunden und Familienmitgliedern anzeigen.
Der Facebook-Chef Mark Zuckerberg möchte, so schreibt er, die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer wieder stärker in den Mittelpunkt rücken. Studien hätten gezeigt, dass Interaktionen mit Freunden und Familienmitgliedern das Wohlergehen fördern, daher sollen diese nun wieder das Zentrum der Benutzererfahrung werden, der Facebook-Algorithmus werde entsprechend angepasst.
Diese Änderung im Facebook-Newsfeed-Algorithmus wird nicht nur der Menschenfreundlichkeit Mark Zuckerbergs geschuldet sein, sondern hat durchaus auch andere Gründe. Hass-Diskussionen, Fakenews, nicht zuletzt die russische Einmischung in den US-Wahlkampf haben Facebooks Ansehen ramponiert. Als Gegenmaßnahme soll das Image aufpoliert und die Nutzererfahrung optimiert werden, denn Facebook kann es nur gutgehen, wenn sich seine Nutzerinnen und Nutzer gerne auf der Plattform aufhalten.
Reichweite über bezahltes Marketing
Verlierer dieser Änderung sind Unternehmensseiten, die nun geringere Priorität im Newsstream erhalten werden. Ein nicht ungewollter Nebeneffekt: Unternehmen müssen nun bezahlte Werbung auf Facebook schalten, wenn ihre Posts wie bisher wahrgenommen und eingeblendet werden sollen. Reichweite gegen Cash ist zwar keine neue Formel, aber ihre Gültigkeit verbreitet sich immer weiter.
Natürlich sind auch kirchliche Facebookseiten von diesen Neuerungen betroffen, ihre organische Reichweite (also die Wahrnehmung ohne Werbemaßnahmen) sinkt.
Kirchliche Social Media Manager könnten versuchen, mit Geld gegenzusteuern. Wer aber nur die Gute Nachricht verbreiten will und kein Produkt verkaufen möchte, wird hier Zurückhaltung üben. Das liegt vermutlich am Budget und auch an einer fehlenden Metrik (wer ein Produkt verkaufen will, weiß, wieviel er für den Klick zum Kauf eines Produktes ausgeben kann; aber wieviel soll man für die erfolgreiche Einladung zu einem Seelsorgechat bezahlen?). Außerdem ist beim Facebook-Marketing häufig noch zu begründen, warum man eine Datenkrake finanzieren wolle.
Einige Kollegen – so wie hier im Post der bayerischen Landeskirche – erkunden andere Optionen: User einzuladen, direkt auf die Facebookseite zu gehen (aber wie lotst man sie ohne Geld anzufassen dahin?) oder sie aufzufordern, mehr mit den Posts der eigenen Facebook-Fanpage zu interagieren, so dass dann über diese Interaktionen diese Posts im Newsfeed bei Fans und deren Freunden als relevanter eingestuft und mehr angezeigt werden.
Facebook bestimmt die Spielregeln auf dem Feld
Man kann versuchen, hier herumzudoktern, aber es wird nur deutlich: Wir sind nur Gast auf Facebook. Wir bestimmen die Nutzerregeln und Algorithmen nicht, sondern sind Gäste auf einer Plattform, die auch Geldverdienen muss und will. Wer sich dies bewusst macht, wird besser mit Facebook umgehen können.
Und ganz wichtig: auch wenn die Nutzerzahlen auf der eigenen Website vielleicht stagnieren, ist diese jedoch das Standbein, denn diese können wir selber kontrollieren. Wenn Facebook (oder andere Social-Media-Plattformen) wegbrechen, die eigene Website bleibt.
Auch wenn Mark Zuckerberg schreibt, der Fokus der Updates in 2018 liege darauf, das Wohlergehen der Nutzer und der Gesellschaft zu fördern, glaube ich dies nicht. Auf eines kann man sich aber bei Facebook verlassen, nämlich dass es bei Facebook kein Verlass gibt. Der Beleg: Einige Tage später, kurz nach Bekanntgabe des neuen Algorithmus, wird wieder eine neue Änderungen angekündigt, die in eine ganz andere Richtung geht. Nun sollen lokale Nachrichten bevorzugt angezeigt werden.
Facebook entwickelt sich permanent weiter
Eine eigene Facebook-Strategie muss sich daher auch der schnellen Entwicklungen bei Facebbok anpassen. Wer oben beim Facebook-Marketing mitspielen will, muss Zeit investieren, um mit seinem Wissen up-to-date zu bleiben.
Wer da nicht mitgehen kann und keine Abstinenz üben will, dem bleibt meiner Ansicht nach nur die Strategie: back to the roots. Sich selbst auf Facebook gut vernetzen; in Diskurse eintreten und dort mit eigenen Posts präsent zu sein, auch kommentieren und liken; relevanten Content posten und mit Menschen, die an diesen Themen dran sind, interagieren. Daher meine Präferenz: Lieber ein aktives persönliches Profil (z.B. als Kirchenmusikerin oder Pfarrer) als eine verwaiste Fanpage (z.B. für die Kirchenmusik oder Gemeinde).
Auch wenn auf Facebook kein Verlass ist, den Charakter als Netzwerk seiner Nutzerinnen und Nutzer wird es nicht so schnell verlieren, denn die Zeit, die seine User auf Facebook verbringen, ist sein Kapital. Daher: entweder professionell und mit entsprechenden Ressourcen ins Facebook-Marketing einsteigen, um sinnvoll auf die sich ständig verändernde Facebook-Welt einzugehen oder als User intuitiv Facebook als Netzwerk nutzen und sich darauf verlassen, dass Nutzerinteraktionen Facebooks eigentliches Kapital sind: wer mit vielen Menschen spricht, den bringt Facebook in der Regel auch nach vorn.
3 Antworten zu “Auf eines ist Verlass: Auf Facebook sind wir nur Gast”
[…] alle erreichen will, erreicht niemanden. Netzwerke haben spezifische Zielgruppen, Facebook ist zwar am weitesten verbreitet, aber gerade viele jüngere Menschen sind auf anderen Plattformen […]
[…] Kirche gilt für uns: Wir sind nur Gast auf Facebook, wir ziehen niemanden nach Facebook hinein, sondern wenden uns nur an die Menschen, die bereits auf […]
[…] Zuletzt: „Auf eines ist Verlass: Auf Facebook sind wir nur Gast“, https://theonet.de/2018/02/04/auf-eines-ist-verlass-auf-facebook-sind-wir-nur-gast/ […]