Letzte Woche haben wir ins Landeskirchenamt Anbieter von Programmen und Tools für Gemeinde- und Kirchenorganisation eingeladen. Das gibt keine vollständige Marktübersicht, aber einen Überblick und Perspektiven, wie sich Tools entwickeln.
Neben kircheneigenen Anbietern kommen auch skandinavische Firmen auf den deutschen Markt. Große Unternehmen bauen Kirchenabteilungen auf, um ihre Produkte gezielt Gemeinden und Landeskirchen anbieten zu können. Digitalisierung bei Kirchen scheint ein großer Markt zu sein. Außerdem werden die Programme und Tools überkonfessioneller, Anbieter aus dem katholischen Bereich entwickeln Varianten mit protestantischer Terminologie und vice versa, Tools aus dem freikirchlichen Bereich nehmen landeskirchliche Gepflogenheiten auf.
Spezialprogramm oder möglichst allumfassende Software?
Es gibt Programme, die eine eierlegende Wollmilchsau sein wollen: vom Erstellen des Liedblattes mit Liturgie über die Online-Anmeldung zum Konfirmandenunterricht bis zur Heizungssteuerung des Kirchengebäudes und Ausgabe des Terminkalenders auf der Website. Andere spezialisieren sich auf gezielte Unterstützung spezifischer Use Cases, z.B. Ressourcenplanung für Gottesdienste, Gemeindegruppen und Gemeindebus. Je mehr Programme können, desto komplexer ist ihre Bedienung, wenn Tools dagegen auf einen genau begrenzten Use Case zugeschnitten sind, ist ihre Handhabung meist auch einfach.
Eine einzelne Gemeinde kann sich Tools gemäß den eigenen Bedürfnissen aussuchen, eine landeskirchenweite Auswahl ist schwierig, da Gemeindewirklichkeiten in der Fläche sehr unterschiedlich aussehen. Je nach Umfang des Programmes überlappt es mit verschiedenen bestehenden Anwendungen bzw. es braucht Schnittstellen: zum Meldewesen, zum landeskirchlichen Online-Terminkalender, zum CMS der Kirchengemeinde, zu einem Newsletter-Tool oder zu einer elektronischen Liedersammlund bzw. Gesangbuch.
Für die rheinische Kirche ist die Möglichkeit der Anbindung an das Portal der Landeskirche (www.portal.ekir.de) entscheidend, daher müssen entsprechende Tools browserbasiert sein.
Detailkenntnis gemeindicher Anforderungen
Die Tools und Progamme sind nicht nur im Umfang verschiedenen, sondern unterscheiden sich auch in der zugrundeliegenden Vision: Während ein Programm kirchliches Leben möglichst vollständig abbilden will, zielt ein anderes Tool darauf, bestimmte aufwändige Prozesse zu vereinfachen. Dabei kommt ein großes kirchliches Erfahrungswissen zum Einsatz. Beispielsweise erlaubt ein Planungstool, Bedingungen bei der Übernahme von Aufgaben festzulegen. So lässt sich bei der Planung von Aktivitäten definieren, dass bestimmte Personen Aufgaben nur gemeinsam wahrnehmen mögen oder dass Personen einen Dienst auf keinen Fall gemeinsam leisten wollen (z.B. Eltern, die nicht gleichzeitig eine Aufgabe übernehmen können, da sich jemand um die Kinder kümmern muss), oder dass man eine einmal übernommene Aufgabe nur absagen kann, wenn man gleichzeitig online eine Vertretung einträgt. Oder es lässt sich definieren, dass beim Anlegen eines Gottesdienstes gleichzeitig festgelegt wird, dass das Einheizen der Kirche mit entsprechendem Vorlauf beginnt und nach dem Gottesdienst die Heizung heruntergefahen wird und bei Absage einer Veranstaltung gleichzeitig die Heizung für diesen Zeitraum ausgeschaltet bleibt.
Vision: Digitalisierung unterstützt Gemeindeaufbau
Was ist die Vision der Tools für Gemeindeverwaltung? Prozesse zu vereinfachen? Gemeindeverwaltung möglichst digital abzubilden, um besonders effizient zu sein? Mit Daten lässt sich viel mehr machen. Ich habe die Vision, dass digitale Tools beim Gemeindeaufbau helfen. Warum nicht Daten zur Planung und zur Kontrolle verwenden? Wenn wir aus den Meldedaten wissen, wieviele Menschen welchen Alters in einem Bezirk wohnen, warum nicht zielgruppenspezifische Angebote gegen diese Zahlen analysieren? Warum nicht Mitglieder einer bestimmten Altersgruppe zu entsprechenden Angeboten einladen? Und Schwerpunkte setzen, weil wir wissen, wer zu einer Gemeinde gehört? Wie sieht die Taufquote aus? Wie entwickelt sie sich? Welche in der Gemeinde getauften Kinder melden sich zum Konfirmandenunterricht an? Wie kommt nach der Konfirmation zur Jugendgruppe? Die Zahlen haben wir, nutzen wir sie auch zur Planung und zum Gemeindeaufbau? Digitalisierung ist mehr, als die Steuerung der Heizung.
2 Antworten zu “Tools für Gemeindeorganisation: Digitale Kirche ist mehr als automatische Heizungssteuerung”
Vielen Dank für den Beitrag. Ich finde es schön, dass hier weiter- und vorgedacht wird – und auch, dass die Prozesse aus dem Landeskirchenamt transparent gemacht werden.
Neben dem oben Dargestellten glaube ich, dass viele freie Tools (FLOSS) in einer passenden Zusammenstellung einen guten Teil von dem abbilden können, was die spezialisierten Anbieter erarbeitet haben. Es ist dann vermutlich optisch erst einmal nicht so einheitlich. Ansonsten kann ich die Wahrnehmung, besonders auch den letzten Abschnitt unterschreiben.
Technisch scheint mir im Hinblick auf den Gemeindeaufbau noch manches möglich, z.B.:
– Die Verknüpfung der Meldedaten mit eingekauften Daten der Milieustudien – um seine Gemeinde besser zu kennen und bessere Angebote machen zu können.
– Die Verküpfung der Meldedaten mit Daten eines CRMs und/oder der Groupware (Kontakte/Termine) – um die alltägliche Arbeit besser koordinieren zu können. Hier bieten sich insbesondere für die pastorale Arbeit imho große Möglichkeiten für ein nachhaltiges Qualitätsmanagement.
– Die Verknüpfung der Haushaltsdaten (Finanzwesen) mit den Daten der Kirchbücher und den Daten eines Raumplanungssystemes (Buchungen und Nutzerzahlen): Damit ließe sich jährlich automatisiert eine Portfolioanalyse zur Steuerung und Entwicklung der Angebote des Gemeindelebens erstellen.
Praktisch habe ich den Eindruck, dass derzeit nur 20% der Pfarrer und Presbyterinnen das bestehende Angebot der EKiR überhaupt aktiv nutzen, wovon wiederum nur ein Bruchteil die Möglichkeiten der Software kennt (gefühlte Statistik).
Digitalisierung oder so etwas wie digitaler Wandel ist m.E. daher vor allem eine langfristige Bildungsaufgabe. Überlegungen wie diese hier und Schulungen zur konkreten Anwendung von Informationstechnik sollten als feste Kurswochen ins Seminar für pastorale Ausbildung und in ein mehrtägiges Ausbildungsprogramm für Presbyter_innen. Dann wird man in 10 Jahren vielleicht tatsächlich einen leichten Wandel spüren. 😉
Eine kleine Anmerkung, zu der Nutzung von Whatsapp für größere Gruppen: Ich habe gemerkt das alle \“direct Messenger\“ bei größeren Gruppen schnell an ihre grenzen kommen. Der Chatverlauf wird unübersichtlich und bei reger Nutzung stört die Gruppe schnell und wird stumm geschaltet. Außerdem ist die Verwaltung der Gruppen mit Aufwand verbunden (Hinzufügen oder entfernen von Mitgliedern)
Deshalb haben wir vor ca. 3 Jahren aus unserer Heimatgemeinde heraus eine eigene Plattform entwickelt. Wir haben gemerkt das die Vernetzung mit steigender Mitgliederzahl immer aufwendiger wird und bestehende Tools, mal abgesehen vom Datenschutz, nicht ideal sind.
Aus der Frage \“wie können wir unsere Mitglieder vernetzen?\“ und der Idee das Kirche wieder mehr Relevanz im digitalen Alltag der Menschen entwickeln müsste, ist myCommuni entstanden.
Über myCommuni können sich Kirchen innerhalb von Minuten eine eigene App konfigurieren (Das hilft enorm, schnell viele Nutzer anzuziehen). Im Kern erlaubt die App Kommunikation von vielen Menschen über direkte Nachrichten oder Gruppen. Über ein neuartiges Kategorisierungssystem wird die App auch bei hunderten Nutzern nicht störend. Durch die offene und Event bezogene Kommunikation ist unsere Lösung perfekt um neue Leute sehr schnell und ohne jeglichen administrativen Aufwand zu integrieren.
Mehr Informationen gibt es hier: https://communiapp.de/gemeinde
Viele Grüße aus Würzburg,
Vertrieb & Administration
Mail: sebastian@communiapp.de
Phone: +49 931 809912 80