In Deutschland Diskussionen, ob Karfreitag noch als stiller Feiertag zu begehen sei, im Süden Spaniens dagegen Prozessionen täglich in der Semana Santa (Karwoche), die von Palmsonntag (Domingo de Ramos) bis Ostermontag (Lunes de Pascua) gefeiert wird. Tribünen stehen in den Innenstädten wie in Deutschland sonst zum Karneval, hochbegehrt die Eintrittskarten, wer keinen Tribünenplatz ergattern konnte, wartet am Straßenrand auf die Prozession.
Bilder, Videos und Impressionen von einem Besuch in Andalusien während der „Semana Santa“ im Frühjahr 2023.
Die Bußbruderschaften
Die Prozessionen werden von Cofradías oder Hermandades („Bruderschaften“) organisiert. Ursprünglich waren die Cofradías, ähnlich den mittelalterlichen Gilden, den Vertretern einer bestimmten Berufsgruppe oder sozialen Standes vorbehalten. Heutzutage haben die meisten Cofradías ihre Zugangsbeschränkungen aufgehoben und nehmen auch Frauen auf.
Ab dem 16. Jahrhundert wurden regelmäßige Prozessionen als Ziel in den Satzungen festgelegt. Es entstanden die Cofradías Penitenciales („Bußbruderschaften“), deren Hauptanliegen darin bestand, Bußübungen ihrer Mitglieder zu organisieren. Diese bestanden aus öffentlichen Bußübungen, bei denen häufig Selbstgeißelungen stattfanden. Die Geißelungen wurden im Jahr 1777 durch eine königliche Verfügung verboten. Nach außen treten die Cofradías durch ihre Prozessionen in Erscheinung, die meist während der Semana Santa, von Palmsonntag bis Ostersonntag stattfinden.
Im 17. Jahrhundert entstand die immer noch verwendete Bekleidung der Mitglieder. Diese besteht meist aus einem spitzen, der mittelalterlichen Ketzermitra aus der Zeit der spanischen Inquisition nachgebildeten Papierhut (Coroza), dessen Samtbezug in ein Tuch übergeht, das den Kopf, die Schultern und die Brust bedeckt. Dieses Tuch hat Augenschlitze und trägt häufig das Wappen der Cofradía. Die Coroza hatte ursprünglich auch den Sinn, unkenntlich zu machen, wer Buße leistet.
Prozessionen in Sevilla
Die „Pasos“ sind ein wichtiger Bestandteil der Semana Santa. Es handelt sich dabei um religiöse Skulpturen, die auf einem tragbaren Holzgestell platziert sind. Diese Pasos werden von den „Costaleros“ auf ihren Schultern getragen werden. Die „Pasos“ sind oft sehr aufwendig gestaltet und können mehrere Meter lang sein. Wenn Jesus mit dem Kreuz auf der Schulter getragen wird, wird der „Paso“ als „Paso de Cristo“ bezeichnet. Es ist üblich, dass die Prozessionen zwei „Pasos“ haben, einen für die Jungfrau und einen für Jesus Christus. Einige Bruderschaften haben jedoch auch drei oder nur einen „Paso“.
Die „Costaleros“ sind die Männer, die die „Pasos“ während der Semana Santa auf ihren Schultern tragen. Der Begriff „Costalero“ ist ein andalusischer Ausdruck, der sich vom Wort „Costal“ ableitet. Es handelt sich um ein Sackleinen, das mit Kieseln gefüllt ist und auf den Köpfen der „Costaleros“ liegt. Diese tragen das Gewicht des „Pasos“ auf ihrem Nacken und schützen diese Stelle mit einem Tuch namens „Costal“, das normalerweise aus Jute besteht.
Die Prozessionen der Cofradías haben in der Regel eine feste Struktur. Die Prozession beginnt mit dem Cruz de Guía, einem großen Kreuz, das die Prozession eröffnet und den Weg für den Zug bahnt. Es folgen die Nazarenos del Cristo, die den ersten Teil der Büßer darstellen und große Kerzen tragen. Dann folgt der Paso del Cristo, der von den Costaleros getragen wird und eine Szene aus der Leidensgeschichte Christi darstellt. In der Regel wird der Paso von einer Musikkapelle begleitet. Danach folgen die Nazarenos de la Virgen, die den zweiten Teil der Büßer darstellen und meist eine andere Kleidung tragen als die Nazarenos del Cristo. Die Prozession endet schließlich mit dem Paso de la Virgen oder Paso de palio, einem Baldachin, unter dem eine Darstellung der Jungfrau Maria getragen wird. Auch dieser Paso wird in der Regel von einer Kapelle begleitet.
Einige Prozessionen sind still, ohne musikalische Begleitung. Andere haben A-cappella-Chöre oder Bläserkapellen, aber viele (vor allem die historisch mit ärmeren Vierteln verbunden sind) haben eine Trommel- und Trompetenkapelle. Während jede Prozession ihre Heimatkirche verlässt (ein Ereignis, das als „salida“ bekannt ist), bei ihrer Rückkehr (der „entrada“) und entlang der Marschroute, können improvisierte Flamenco-Lieder von Einzelpersonen in der Menge oder von einem Balkon aus dargeboten werden.
Morgenstunden des Karfreitags: Die Stille
In den frühen Stunden des Karfreitags (spanisch: Madrugá) ist der Höhepunkt der Prozessionen in Sevilla ist. Die Bruderschaft El Silencio (Die Stille) gilt als die älteste bestehende Bruderschaft, ihre gesamte Prozession wird von der beobachtenden Menge in Stille begleitet.
Danach folgen weitere Prozessionen folgender Bruderschaften: El Silencio, El Gran Poder, La Macarena, El Calvario, Esperanza de Triana und Los Gitanos.
Traslado de Cristo in Málaga
Überführung des Cristo de la Buena Muerte findet am Gründonnerstag in Málaga statt durch die La Legión, die spanische Fremdenlegion, statt. Aus deutscher Perspektive sehr befremdlich, dass der Einsatz einer Militäreinheit einen der Höhepunkte der Osterfeierlichkeiten darstellt.
Die Verbindung zwischen La Legión und der Cofradía de Mena (Bruderschaft von Mena) reicht fast ein Jahrhundert zurück bis ins Jahr 1928, als der Cristo de la Buena Muerte (Christus des guten Todes) Schutzpatron der Legionäre wurde, die aus dem Krieg in Afrika zurückkehrten. In der Bruderschaft sind auch Veteranen, die in der Legion gedient haben, Mitglieder.
Obwohl heute keine Abteilung der Legion mehr in Málaga stationiert ist, kehrt jedes Jahr eine der Tercio (Regiment) der Legion zurück, um in der Karwoche den Cristo de la Buena Muerte, eine lebensgroßen Darstellung des gekreuzigten Christus, in einer Prozession durch die Stadt zu tragen.
Am Gründonnerstag findet im Hafen von Málaga die traditionelle Einschiffung der Legion statt, die den Traslado de Cristo sowohl bei der Überführung von der Bruderschaft in die Kapelle als auch bei der abendlichen Prozession begleitet. Der Santísimo Cristo de la Buena Muerte ist der am meisten erwartete Umzug in der Karwoche in Málaga.
Pasos in Cadíz
Vor und nach den Prozessionen können in Cadíz die „Pasos“ in der alten Kathedrale der Stadt in der Kirche Parroquia de Santa Cruz besucht werden. Die Bilder zeigen, dass viele Menschen von diesem Angebot Gebrauch machen.