Inklusion lernen: Gebärdensprache und Leichte Sprache in der Kirche

Inklusion ist ein wichtiges Ziel kirchlicher Arbeit. Bei Websites bemüht man sich um Barrierefreiheit, um die eigene Internetseite möglichst zugänglich zu gestalten. Dabei geht es einerseits um Technik, so dass beispielsweise Screenreader die Website gut erfassen können. Aber barrierefrei hört damit nicht auf: Gebärdensprache und Schriftdolmetschung eröffnen einen weiteren Zugang für Gehörlose und Schwerhörige. Schon seit einigen Jahren übersetzen Gebärdendolmetscherinnen und -dolmetscher den Präsesbericht auf der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland. Dieses Jahr wurden fast alle Plenarsitzungen der Synode in Gebärdensprache übersetzt und live untertitelt. Premiere war diesmal aber die Übersetzung in Leichte Sprache, der Eröffnungsgottesdienst und der Präsesbericht wurden simultan übersetzt. Wenn wir als Kirche barrierefrei sein wollen, müssen wir Inklusion zu lernen. Gebärdensprache und Leichte Sprache gehören deshalb auch in die Kirche. Da die Synode auch dieses Jahr aufgrund der Corona-Pandemie ausschließlich digital tagte, könnten die Übersetzungen im YouTube-Stream erfolgen.

Video in Gebärdensprache, Schriftdolmetschung und in Leichter Sprache
Video in Gebärdensprache, Schriftdolmetschung und in Leichter Sprache

Erfahrungen mit Gebärdensprache und Schriftdolmetschung

Bei der Bildaufteilung stellt sich die Frage, wo die Untertitel und die Gebärdendolmetschende platziert werden. Etwas pointiert: Wie groß darf Inklusion sein? Wir haben für die Gebärdendolmetschung daher einen weißen Hintergrund am rechten Bildrand freigehalten, damit die Gebärden gut sichtbar sind. Dabei bekam ich auch die Rückmeldung: Das ist aber groß. Nach einem Gespräch aber dann die Zustimmung: so kann man Inklusion auch nicht übersehen.

Im Vorfeld hatten wir auch überlegt, ob wir die Schriftdolmetschung tatsächlich benötigen, denn YouTube bietet auch die Möglichkeit der Live-Untertitelung. Im Nachhinein hat sich aber die Live-Untertitelung als sinnvoll herausgestellt, da die automatischen Untertitel bei Kirchensprache noch nicht gut funktionieren.

Ob Gebärdensprache, Schriftdolmetschung oder Leichte Sprache, die Tücken liegen oft im Detail. Wie übersetzt man englische Lieder in Gebärdensprache? Was bedeutet es für den Videoschnitt, wenn die Live-Übersetzung nachklappt. Außerdem: Wer versteht Gebärdensprache, so dass man das Video passend schneiden kann? Bleibt bei der Leichten Sprache die Original-Tonspur leise hörbar? Oder ist nur der Übersetzer oder die Übersetzerin zu hören? Alles Entscheidungen, die wir ad hoc treffen mussten. Bei ausreichender Zeit in der Vorbereitung hätten wir sie am besten mit der jeweiligen Community abgesprochen.

Gebärdensprache, Schriftdolmetschung und Leichte Sprache — Inklusion ist auch eine Frage der Ressourcen

Für jede Übersetzung waren zwei Dolmetschende nötig, die sich jeweils abwechselten. Insgesamt wurden 15 Stunden an drei Tagen übersetzt, also 60 Dolmetscherstunden insgesamt für Gebärdensprache und Schriftdolmetschung sowie etwas über 10 Stunden für Leichte Sprache. Wenn man für den Videoschnitt auch jemand dabei haben will, der Gebärdensprache versteht, erhöht sich der Aufwand weiter.

Lohnt sich Inklusion?

Eine Landessynode ist keine Massenveranstaltung, die bei YouTube hohe Zugriffszahlen erzeugt. Nach kirchlichem Selbstverständnis ist sie aber das höchste Leitungsorgan, das öffentlich tagt und allen zugänglich sein soll. Daher ist es auf jeden Fall angemessen, die Synode möglichst inklusiv zu gestalten.

Den Stream des Eröffnungsgottesdienstes in Leichter Sprache haben sich bis jetzt über 250 Personen angesehen, 22 waren live beim Stream dabei. Zum Vergleich: den Gottesdienst mit Original-Ton sahen sahen etwas über 1000 Personen. Die Übersetzungen sind nicht nur für die Menschen da, die auf sie angewiesen sind, sondern sie prägen auch das Bewusstsein bei Menschen ohne Einschränkungen und wecken deren Verständnis.

Beim Videoschnitt wusste ich nicht, wo eine Sequenz zu Ende war. Habe ich etwa einen Halbsatz zu früh den Schnitt angesetzt? Wenn wir als Kirche inklusiv sein wollen, brauchen wir auch Gelegenheiten, Inklusion zu lernen. Auch dazu kann eine Landessynode dienen.

Auf jeden Fall interessant: einmal in den Stream in Leichter Sprache hineinzuhören. Eine Synode ist ein Treffen und der Präses ein Chef. Leichte Sprache ist daher auch ein Ansporn, sich in der Kirche allgemeinverständlich auszudrücken.

YouTube player
Eröffnungsgottesdienst der Landessynode in Leichter Sprache

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Präsesbericht in Leichter Sprache

N.B: Dank an DEAF.digital für die Unterstützung auf der Synode.

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