Seit den Osterferien steht Schülerinnen und Schülern eine neue Möglichkeit der seelsorglichen Begleitung zur Verfügung: Über die WhatsApp-Nummer 0151 2 510 510 2 können Jugendliche Kontakt zu Seelsorgenden aufnehmen. Unter dem Motto „Alles, was wir besprechen, bleibt unter uns. Egal, woher du kommst, wie du dich fühlst, an was du glaubst – wir sind für dich da!“ öffnet der Schulseelsorgechat einen digitalen Seelsorgeraum für Schülerinnen und Schüler, unabhängig von ihrer religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung. Verantwortlich für dieses Angebot ist die Schulseelsorge der Evangelischen Kirche im Rheinland.
Die Initiative zielt darauf ab, Schulseelsorge über einen niederschwelligen und leichten Kontaktweg anzubieten. Nach der Kontaktaufnahme über den Messengerdienst WhatsApp erfolgt eine Einladung per Link zur Plattform chatSEELsorge.de, die kirchlichem Datenschutzrecht unterliegt und die Einhaltung des Seelsorgegeheimnisses sicherstellt.
Kann und darf WhatsApp für Seelsorge genutzt werden?
Eine datenschutzkonforme Nutzung von WhatsApp im kirchlichen Kontext: Geht das überhaupt? Seit Einführung der EU-Datenschutz-Grundverordnung und der damit verbundenen Neufassung des EKD-Datenschutzgesetzes gibt es dazu breite Diskussionen. Die Diskussion betraf jedoch weitestgehend die Nutzung von WhatsApp als App auf dem Handy. Der Fokus lag darauf, sicherzustellen, dass die WhatsApp-App sich datenschutzkonform verhält, z.B. wie das Auslesen der Adressbücher auf dem Handy unterbunden werden kann.
WhatsApp-Business für Unternehmen
Für Unternehmen, die mit ihren Kunden kommunizieren wollen, gibt es seit längerer Zeit WhatsApp-Business. Dies ist eine vom WhatsApp-Mutterkonzern Meta bereitgestellte Lösung, auf die Unternehmen in der Regel über einen Dienstleister zugreifen.
Das Unternehmen nutzt für seine WhatsApp-Kommunikation dann eine besondere Plattform, während die Kund*innen auf ihren mobilen Endgeräten über ihre normale WhatsApp-App schreiben. Für die WhatsApp-Business-Variante suchen sich Unternehmen in der Regel einen Anbieter, der für sie eine WhatsApp-Business-Lösung bereitstellt. Dafür wird dann ein eigener AV-Vertrag geschlossen, der eine DSVGO-konforme Umsetzung laut Websites der Anbieter garantiert.
Für WhatsApp Business gelten gegenüber der privaten WhatsApp-Kommunikation besondere Regeln. So können vom WhatsApp Business Konto beispielsweise keine WhatsApp-Endnutzer*innen aktiv angeschrieben werden. Der Kontakt muss vom privaten Nutzer oder der privaten Nutzerin initiiert werden, indem sie oder er aktiv das Business-Konto eines Unternehmens anschreibt. Außerdem kann er bzw. sie den Kontakt beenden und so verhindern, dass er oder sie weiterhin vom Unternehmen angeschrieben wird.
Nutzungsbedingungen und Datenschutz von WhatsApp Business
Gemäß den WhatsApp-Nutzungsbedingungen ist klar: Wenn Kirche WhatsApp als offiziellen Kommunikationskanal nutzen will, muss sie (wie Unternehmen auch) WhatsApp-Business verwenden. Dafür lassen sich verschiedene Dienstleister nutzen, die WhatsApp-Business anbieten. Diese Anbieter stellen WhatsApp-Business mit einem Auftragsverarbeitungsvertrag nach DSGVO zur Verfügung. Die datenschutzrechtlichen Probleme der privaten WhatsApp-Nutzung mit dem Handy entfallen in jedem Fall mit dieser Business-Lösung.
Konformität mit dem kirchlichen Datenschutzrecht
Ist denn eine WhatsApp-Business-Lösung mit kirchlichem Datenschutz konform? Formal ist dies zurzeit nicht gegeben, da die Anbieter von WhatsApp-Business nur Verträge nach DSGVO anbieten, nicht jedoch nach kirchlichem Datenschutzrecht. Die nach EKD-Datenschutzgesetz § 30 (5) auch mögliche Option eines Vertrages nach DSGVO und Unterwerfung unter die kirchliche Datenschutzaufsicht hat nach eigener Recherche kein Dienstleister im Angebot. So ist aus formalen Gründen auch bei WhatsApp Business keine Einhaltung des kirchlichen Datenschutzrechtes möglich. Da nach eigenem Bekunden der Dienstleister WhatsApp Business jedoch in Übereinstimmung mit der DSGVO angeboten wird, können Kirchen wie Unternehmen nach staatlichem Recht eine datenschutzkonforme WhatsApp-Nutzung anbieten, sofern man sich auf die Selbstbekundung der Anbieter verlässt.
Schulseelsorgechat der Evangelischen Kirche im Rheinland
Die Evangelische Kirche im Rheinland hat nach den Osterferien einen Schulseelsorgechat gestartet. Die Kontaktaufnahme zum Schulseelsorgechat erfolgt von Schülern über WhatsApp. Von dort erfolgt eine Einladung per Link zur chatSEELsorge.de, einer Plattform, die dem kirchlichen Datenschutzrecht unterliegt. Die Nutzung von WhatsApp für dieses Projekt war eine Ermessensentscheidung. Abzuwägen war: Was ist wichtiger, Schüler*innen effektiv einen Zugang zu einem Seelsorgeangebot zu ermöglichen oder auch auf eine formale Einhaltung des DSG-EKD zu bestehen und so den Zugang zur Seelsorge über WhatsApp auszuschließen, da formal das EKD-Datenschutzgesetz nicht eingehalten werden kann. In der Abwägung fiel die Entscheidung zugunsten der leichteren Zugänglichkeit und der Nutzung von WhatsApp in der Business-Variante aus. Der tatsächliche Schutz der Daten dürfte identisch sein, da der Unterschied zwischen einem AV-Vertrag nach DSGVO und DSG-EKD § 30 (5) nur in der Anerkenntnis der Zuständigkeit der kirchlichen Datenschutzaufsicht durch den Anbieter liegt.
Umsetzung des Schulseelsorgechats
Das Konzept des Schulseelsorgechats sieht vor, dass allen Seelsorgenden für ihren Dienst ein eigenes Handy zur Verfügung gestellt wird, auf dem die App des WhatsApp-Business-Providers Chatwerk läuft. Um auf der Plattform des Anbieters möglichst wenig Datenspuren zu hinterlassen, wird nach einer erfolgten Konversation über WhatsApp der Chat beim Provider gelöscht.
Meines Wissens ist der Schulseelsorgechat das erste landeskirchliche Angebot, das WhatsApp Business nutzt. Dem ging eine Abwägungsentscheidung des zuständigen Leitungsgremiums voraus. An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass es um die die niederschwellige Zugänglichkeit der Seelsorge ging, denn das Ziel ist, über WhatsApp auf das eigene kirchliche Angebot weiterzuleiten.