Im Herbst war ich in einer Gemeinde zu einem Workshop-Tag zum Thema „Digitalisierung“. Gemeinsam wurden von Mitgliedern des Presybteriums, Mitarbeitenden und fachkundigen Gemeindegliedern mögliche Digitalisierungsprojekte skizziert. Der Trichter war bewusst weit gefasst, es gab keine Denkverbote. Nun erfolgte in einer Klausurtagung des Presbyteriums die Auswahl, welche Projekte umgesetzt werden sollen.
Keine zufällige Auswahl
Ich schreibe diesen Blogpost, da ich das Vorgehen der Gemeinde für exemplarisch halte, denn sie geht das Thema Digitalisierung strategisch an. Auf dem Workshop-Tag waren konkrete Projektskizzen von Kleingruppen erarbeitet und im Plenum vorgestellt worden. Daran konnte die nun folgende Klausurtagung des Presbyteriums anknüpfen. Aufgrund des vorherigen Workshops war den Gemeindeältesten klar, was genau die jeweilgen Projekte für die Gemeinde bedeuten würden. Man brauchte keine Verständnisfragen mehr klären, sondern konnte sich auf die Entscheidung konzentrieren.
Nach einer kurzen Einführung teilt sich das Presbyterium in vier Kleingruppen auf. Diese bewerten die vorgeschlagenen Projekte nach der Eisenhower-Matrix und priorisieren die Projekte nach Wichtigkeit und Dringlichkeit. Die Ergebisse der Kleingruppen werden gebündelt in eine neue Matrix übertragen. Interessant: Die Einschätzungen aus den Kleingruppen sind sehr ähnlich, so dass die Prioritäten ohne weitere Diskussion feststehen und man einen Plan hat, welche Projekte in welcher zeitlichen Reihenfolge angegangen werden.
Prioritäten auch auf technische Abhängigkeiten und Aufwand überprüfen
Als Projekt mit der höchsten Dringlichkeit wird ein Terminkalender mit Ressoucenplanung identifiziert. Ein digitaler Schaukasten erhält eine niedrigere Priorität. Dies passt auch für die technische Abfolge: Sobald ein Terminkalender einegführt ist, können Inhalte daraus auch auf einen Display-Schaukasten ausgespielt werden. Andere Projekte haben zwar nicht die höchste Priorität, sind aber unaufwändig umsetzbar. Für datenschutzkonforme Kommunikation steht die KonApp bereit. Die für die Konfirmandenarbeit zuständige Pfarrerin und Pfarrer erklären sich bereit, diese App beim nächsten Jahrgang einzusetzen und dann zu berichten. Die Präsenz bei Suchdiensten und insbesondere bei Google lässt sich einfach optimieren, eine Presbyertin erhält den Auftrag, ein GMB-Konto für die Gemeinde einzurichten. Auch dies kann ohne weiteren Vorlauf geschehen. Die Neugestaltung der Homepage wird zunächst zurückgestellt. Wenn der Terminkalender eingeführt ist, können darüber wesentliche Inhalte der Website abgedeckt werden.
Für die Umsetzung bei Projekten gibt es technische Abhängigkeiten, diese sind natürlich auch zu beachten, wenn man aus den Prioritäten die Abfolge der Projekte ableitet. Was aber nicht zu vergessen ist: die Gemeinde und das Presbyterium darf sich nicht überfordern. Auch die Ressourcen zur Projektsteuerung sind nicht unendlich. Daher werden weiter Ideen zunächst zurückgestellt, sie werden wieder beraten, wenn die Projekte mit höherer Priorität umgesetzt sind.
Das Thema Kollektomat und digitale Kollekte werden als wichtig bewertet, aber nicht als dringlich beschrieben. Aber bei diesem Themenkomplex ist klar: eine Gemeinde kann dies nicht alleine stemmen. Daher wird verabredet: hier ist man lieber Partner, wenn en anderer Player – sei es eine kirchliche Bank oder die Landeskirche – jemand suchen, der bei einem Piloten teilnimmt.
Fazit: Digitalisierung ist Leitungshandeln
Ich erlebe es, dass häufig Digitalthemen aufgrund von Zufälligkeiten angegangen werden – weil z.B. eine Agentur an eine Gemeinde herantritt oder eine Interessensgruppe sich besonders lautstark äußert. Bei dem hier dargestellten Vorgehen dagegen geht es zunächst um Partizipation. Presbyteriumsmitglieder, Mitarbeitende und fachkundige Gemeindeglieder haben zunächst an einem Workshop-Tag ohne Denkverbote konkrete Projektideen für ihre Gemeinde entwickelt. In einer zweiten Runde hat dann das Presbyterium als gewähltes Leitungsorgan diese bewertet, Prioritäten gesetzt und dabei Aufwände und technische Anhängigkeiten in die Entscheidung einbezogen. Ein Vorgehen, das als Vorlage für andere Gemeinden dienen kann.
2 Antworten zu “Fortsetzung: Klausurtag „Digitalisierung“ in einer Kirchengemeinde – die Entscheidung”
Sorry, aber die meisten Schritte sind mMn auch keine Aufgaben der Gemeinde, sondern der Landeskirche. Diese sollte allen Gemeinden entsprechende Lösungen zur Verfügung stellen, die alles kann, von der Ressourcenplanung über die Einbindung der Termine auf der Website bis zum digitalen Gemeindebrief und social Media Integration. Wieso sollte das jede Gemeinde für sich erarbeiten? Das ist Vergeudung von Ressourcen.
Lieber Johannes Heck,
es ist sicherlich gut, wenn Landeskirchen ihren Gemeinden Tools zur Verfügung stellen. Allerdings: Tools wollen auch genutzt werden und müssen angepasst werden. Bei vielem geht es nicht um Technik, sondern um Organsiation, und die geschieht in der Gemeinde. Also müssn sich Gemeinden schon vornehmen und entscheiden, as sie wollen. (Und Landeskirchen können nicht alles vorhalten, was Gemeindenen vielleicht brauchen können.)