Kirche auf der #rp17: Nun im Programm, aber was ist ihr Programm?

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Eine gute Zusammenfassung der „christlichen Stunde“ auf der re:publica #rp17 bietet  Felix Neumann. Zuerst war evangelischerseits Professorin Johanna Haberer dran, dann katholischerseits Professor Andreas Büsch, mit ihm auf der gut gefüllten Bühne SPD-MdB Saskia Esken, Mitglied im Ausschuss „Digitale Agenda“.
Haberer verglich Google und Facebook mit der katholischen Kirche des Mittelalters. Ob durch Beichte oder exzessives Datensammeln, das Streben nach umfassenden Wissen über einen Menschen sei abzulehnen, da nur Gott unsere intimsten Geheimnisse kenne und kennen dürfe – so die Folgerung aus Psalm 139.
Die evangelische Kirche als Advokatin für Privacy, nur konsequent, dass Haberer selbst kein Facebook nutzt.
Büsch stellt das netzpolitischen Papier der (katholischen) Bischofskonferenz vor und konzentriert sich dabei auf Teilhabe und Bildungsgerechtigkeit. Die SPD-Bundestagsabgeordnete kommentiert, aber Dissens kommt nicht auf. Büsch stellt abschließend fest, dass man nur in der Letztbegründung auseinanderliege, ob man „im Humanum bleiben will oder doch dieses Gott-Thema einbeziehen muss.“

Kirche gehört nun zur Netzgemeinde


Kirche ist erstmals im Programm der Netzgemeinde aufgenommen, ganz anders als noch vor fünf Jahren. Als ich damals in einem Tweet bedauerte, dass niemand aus der Kirche als Speaker auf der re:publica war, erhielt ich per Twitter Rückmeldung, was Kirche auf der re:publica überhaupt wolle. Damals gab es wohl Berührungsängste, heute scheint Kirche angekommen zu sein.
Die Credentials der beiden Vortragenden als Professorin bzw. Professor und die Unterstützung einer MdB haben vermutlich auch geholfenen, Türen aufzustoßen.

Kirche als Wertevermittler

Allerdings was macht Kirche nun?  Sie erweist sich als Institution für Ethik. In der Netzcommunity sucht sie die Rolle, die sie in der Gesellschaft auch gut kennt, die einer Agentur für Werte.
Dies ist – bitte nicht falsch verstehen – keine Kritik an den Vorträgen. Wie Saskia Eskens Kommentare zum netzpolitischen Papier der Bischofskonferenz zeigen, ist die katholische Kirche im netzpolitischen Diskurs anschlussfähig. Arbeitsteilig kümmerte sich die evangelische Vertreterin um Privacy und kritisiert folglich Google und Facebook als Datensammler. Auch das passt zum kirchlichen Wächteramt. Kirchlicherseits wird reflektiert, was andere tun. Kirche ist medienethische Kommentatorin, aber nicht Akteurin der Digitalisierung.

#DigitaleKirche ist mehr

Wie sieht #digitaleKirche aus? Dazu gab es im Vorfeld eine lebhafte Diskussion, ausgelöst durch Hannes Leitleins Artikel in der Zeit. Initiiert durch Ingo Dachwitz gab es auch das Netzgemeindefest als Meetup auf der re:publica, Akteurinnen und Akteure kirchlicher Internetarbeit trafen sich zum informellen Austausch.
Also: Kirche ist da auf der #rp17. Menschen, die in ihren Gemeinden, in ihren Bistümern und Landeskirchen Digitalisierung vorantreiben wollen, sind auf der re:publica präsent und nehmen wahr und daran teil, wie Digitalisierung unsere Gesellschaft und Medien verändert. Social Media ist aus dem Leben der Kirche nicht mehr wegzudenken. Also: #digitaleKirche gibt es, zwar nicht strukturell im Organigramm des Kirchenamtes verdrahtet, sondern bottom up, als Netzwerk und nicht als Masterplan der Institution.

Aber: was ist unser theologisches Programm?

Also: warum bleibt bei mir eine Unzufriedenheit trotz des Fortschritts gegenüber den re:publica-Treffen der vergangenen Jahre?
Digitalisierung wirft für mich auch viele theologische Fragen auf, wie die diesjährige re:publica wieder zeigte. Als Theologe höre ich sie, doch wie sehen unsere theologischen Antworten aus, die wir in den Diskurs einbringen könnten. Zum Beispiel: Rufus Pollack von der Open Knowledge Foundation fasst seinen Talk so zusammen:

Will the digital revolution give us information democracies or information empires? The answer lies in a political choice, a choice between open and closed. Either making information open and freely accessible to all, or, closing it off and having it owned and controlled by the few. This choice matters everywhere from inequality to freedom. It matters whether you are concerned about a robot taking your job, or the power of Google and Facebook to shape how we think and vote.

Für Pollack ist eine Grundlage der Digitalisierung die „costless copy“, Wissen zu vervielfältigen ist kostenfrei, dadurch wird unbegrenztes Teilen möglich. Welche Theologie des Teilens haben wir? Pollack bietet eine Vorlage, als er Columban von Iona zitiert. Welche theologische Traditionen und Begründungszusammenhänge greifen wir auf?
Wenn Information das Wesentliche ist, verändern sich Arbeitsprozesse, gewisse Arbeiten werden überflüssig. Was bedeutet dies theologisch, wenn Arbeit nicht mehr für alle Menschen zum Erwerb notwendig ist? Durch die Digitalisierung stellt sich die Frage nach dem bedingungslosen Grundeinkommen (basic income grant) neu. Was sagen wir theologisch dazu? Die Digitalisierung stellt alte theologische Fragen neu. Welche (neuen) Antworten können wir als Theologinnen und Theologen darauf geben? Weiter: Open Data, Open Knowledge, Open Educational Resources enthalten für uns als Christinnen und Christen auch eine theologische Dimension. Im Programm der re:publica stehen diese Themen. Sind sie auch auf unserer theologischen Agenda? Hoffentlich sind sie bald auch unser theologisches Programm.
 
 
 
 

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