Menschen aus einem Kölner Stadtteil zeigen Gesicht. Ein Porträtfoto im Instagramstil, dazu eine kurze Geschichte über das eigene Leben im Viertel, dann Hashtags, darunter auch der der Kirchengemeinde.
Wer sich auf Instagram dem Stadtviertel über Hashtags nähert, findet interessante Menschen aus der Nachbarschaft, die eine Geschichte erzählen und sich im Viertel und der Kirchengemeinde engagieren. Die Kölner Philippus-Gemeinde zeigt so Präsenz auf Instagram und lädt ganz niederschwellig ein. Für dieses Instagram-Projekt wurde sie mit dem Medienpreis der Evangelischen Kirche im Rheinland ausgezeichnet. Aber nicht nur über soziale Netzwerke lädt die Philippus-Gemeinde ein, auch ihr Gemeindeleben ist einladend gestaltet, auf der Website wird ein Welcome-Gottesdienst angeboten. Auch wer bisher noch nicht dazugehört, ist willkommen. Für verschiedene soziale Netzwerke lässt sich die jeweilige Zielgruppe gut beschreiben, das Instagram-Projekt nimmt die Zielgruppe junger Menschen besonders in Blick, korrespondiert aber zur Haltung der Gemeinde.
Die St Andrew’s-Gemeinde im schottischen Bo’ness begann, ihre Gottesdienste im Internet zu streamen, so dass Menschen online sich das Gemeindeleben ansehen können, die den Zugang zur Kirche verloren haben. Gleichzeitig geht der Pfarrer ins örtliche Café und ist dort für Menschen ansprechbar. Die Gemeinde öffnet sich – digital und analog – für Menschen, die sie mit ihren klassischen Angeboten nicht mehr erreicht hat.
Zwei Beispiele, die zeigen: Gemeinden, die sich so digitalen Netzwerken zuwenden, öffnen sich auch in ihrem Gemeindeleben vor Ort. Die Präsenz in sozialen Netzwerken ist Ausdruck einer Haltung, sich aus den Kirchenmauern heraus zu bewegen und sich niederschwellig für neue Menschen zu öffnen.
Warum machen wir Social Media? Mag sein, weil wir den Druck verspüren, mit der Zeit gehen zu müssen. Oder wir sehen, wie die Webstatistik kontinuierlich nach unten zeigt und wir wollen den Verlust an Reichweite über Social Media kompensieren. Oder wir konnten nicht nein sagen, als jemand anbot, ehrenamtlich eine Facebook-Seite zu erstellen. Oder wir merken, wir erreichen die Konfis nur noch über WhatsApp und nicht per Mail. Social Media ist dann die Lösung für ein Problem oder eine weitere Aktivität im Gemeindeleben. Oder machen wir Social Media, um so neue Menschen zu erreichen?
Für jedes soziale Netzwerk kann man gut die Zielgruppe angeben, die man darüber ansprechen will. Mit Facebook erreicht man andere Menschen als über Instagram; über den Schaukasten und den Gemeindebrief erreicht man andere Menschen als über Social Media. Wieviel Ressourcen und Energie verwendet eine Gemeinde für die Schaukastengestaltung, für den Gemeindebrief, für die Präsenz auf Instagram, Facebook und YouTube? Es geht dabei nicht um die Medien und Kanäle, sondern um Zielgruppen: wen möchte die Gemeinde gezielt ansprechen? Dies sollte eine bewusste Leitungsentscheidung sein.
Die, die schon immer im Gottesdienst sind, erreicht man über die Kanzelabkündigung. Über Social Media kann man andere Milieus erreichen, aber die entscheidende Frage: wollen wir uns als Gemeinde auch öffnen? Oder verharren wir im Bekannten und machen Social Media nur, weil man es jetzt machen muss. Aber: mit Social Media geht mehr – wollen wir es?