Kaffee – Fairtrade, Gemüse – Bio, Digitales – Fragezeichen?

Welches Siegel fü Digitales?
Welches Siegel für Digitales?

Wer auf Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit oder Gesundheit setzt, kann sich an der Theke im Geschäft orientieren, es gibt Fairtrade- und Bio-Produkte. Auch bei Discountern habe ich oft diese Wahlmöglichkeit, nicht bei allen Produkten, aber immer öfter. Wie mache ich es aber im Internet? Wer sich auch digital für Inklusion, Nachhaltigkeit und Schutz von Daten einsetzen will, ist entweder ratlos oder muss auf Insel-Lösungen setzen, mancher wird gar abstinent. Welche Wahlmöglichkeiten haben wir als Verbraucherinnen und Verbraucher?

Wie lebt man digital fair?

Auch in der Kohlenstoffwelt lebe ich nicht immer mit Fairtrade- und Bio-Produkten. Ich gehe Kompromisse ein. Wie gehe ich aber erste Schritte, um auch digital fair zu leben? Es gibt die Mahner und Aktivisten, die konsequent auf die Kontrolle ihrer Daten und Freie Software setzen, aber wie verhalte ich mich, wenn ich (noch) nicht auf Facebook, Google oder Microsoft verzichten kann oder will? Natürlich gibt es Social Networks und Blogging-Dienste, ich aus ethischer Sicht favorisieren würde. Aber Diskussion und Austausch zu für mich interssanten Themen finde ich eben eher auf Twitter, auf Mastodon fühle ich mich noch sehr einsam. Daher ist es ein langer Weg. Ich nicht nicht rigoros, sondern beginne mit Kompromissen und taste mich voran.

Selber über eigene Daten verfügen und digitale Inlusion

Kommerzielle Netzwerke wie Facebook dienen nicht der vertraulichen Kommunikation. Seit langem habe ich mich deshalb entschieden: was ich auf Facebook poste, ist öffentlich. Um mehr Kontrolle über meine Daten zu behalten und sie anderen auch frei im WWW verfügbar zu machen, die keine sozialen Netzwerke à la Facebok nutzen, leite ich alle Posts von Facebook, Instagram oder Twitter in mein eigenes Blog weiter. Hier kann jeder sie abrufen. Man muss nirgendwo Mitglied werden. Wer will, kann auch kommentieren. So ziehe ich niemanden nach Facebook, sondern biete meine Diskussionsbeiträge auch für die an, die nicht dort sind.

Dieser Vorschlag steht übrigens auch in den Social Media Guidelines unserer Landeskirche, keine Inhalte exklusiv in sozialen Netzweren zu posten.

Praktische Umsetzung?

Für die die Weiterleitung von Facebook, Instagram und Twitter auf mein Blog nehme ich einen Dienst in Anspruch, dem ich Daten anvertrauen muss. Nicht ideal, aber praktisch. Aber händisch alles selber zu machen, dafür fehlt mir die Zeit. Also ein weiterer Kompomis. Aber ohne gelingt es mir nicht, mich auf den Weg zu machen. Der Weg ist komplex: Wo hoste ich mein Blog? Welche Plugins verwendet es? Welche Datenschutzbestimmungen gelten für diese Plugins? Es ist schwierig, auf den ersten Blick eine Orientierung zu finden, um sich bewusst für oder gegen ein Plugin zu entscheiden. Siegel wären sehr hilfreich, um sich orientieren.

 

Auch das Aufsetzen eines eigenen Servers ist nicht trivial, wenn man es das erste Mal macht, SSL-Verschlüsselung muss ich für mein Blog noch einrichten.

Mir hat es auch Spaß gemacht, ein eigenes Blog aufzusetzen, ich habe viel gelernt. Ohne den Faktor Spaß hätte ich es wohl nicht geschafft, der Aufwand ist deutlich größer, als einfach eine App runterzuladen und auf einem Netzwerk mit dem Posten zu beginnen. Ein Blog selber aufzusetzen, ist auch etwas nerdig.

Es bleiben sehr viele Fragen: Was mache ich in der Familie? Meine Kinder sind auf Instagram und WhatsApp unterwegs, ein Blog ist für sie etwas Fremdes. Meiner backbegeisterten Tochter habe ich zu ihrem Instagram-Konto auch ein Blog aufgesetzt. Wird sie es selber nutzen?

Um mehr Datensouveränität zu gewinnen, sind Social Networks ein Thema unter so vielen weiteren. Was mache ich mit meiner E-Mail? Mit meiner Dropbox in der Cloud? Wie dudle ich Termine? Welche Suchmaschinen nutze ich? Welche Online-Navigationsdienste? Welche Messenger-Dienste?

Siegel geben Orientierung

Dazu Präses Manfred Rekowski gestern im Präsesbericht auf der rheinischen Landessynode:

Digitalisierung verändert unsere Wirtschaft und Gesellschaft stark, Plattformen entwickeln sich zu Monopolisten. Dies führt zu neuen ethischen Fragen: Wie wähle ich bei digitalen Dienstleistungen und Produkten aus? In der digitalen Ökonomie geht es um Daten. Die
Datenspuren eines Menschen bilden seinen ökonomischen Wert ab. Dabei geht es nicht nur um meine eigenen Daten, sondern auch um die der Menschen, mit denen ich kommuniziere. Wem kann ich diese Daten anvertrauen, wo bin ich mit meinen Daten sicher? Die im Internet verbreitete Kostenlos-Mentalität hat immer ihren Preis. Deshalb müssen wir auch als Verbraucherinnen und Verbraucher die Bereitschaft haben, für Dienste ein angemessenes Entgelt zu bezahlen. Oft sind Sachverhalte aber auch so komplex, dass eine ethische Bewertung schwer fällt. Vielleicht brauchen wir öffentlich geförderte Qualitätssiegel, die hier Orientierung geben. Auf jeden Fall müssen wir uns für die Vermittlung von Medienkompetenz einsetzen und den ethischen Diskurs weiterführen.

Datensouveränität und digitale Teilhabe kosten

Jeder sieht ein, dass Bio- und Fairtrade-Produkte teurer sind. Natürlich kostet das Bereitstellen digitaler Produkte Geld, Dienstleister müssen auch verdienen. Wenn nicht Daten die Währung sind, dann müssen wir als Verbraucherinnen und Verbraucher faire digitale Dienstleistungen auch entsprechend bezahlen. Wer digial alles nur kostenlos will, bezahlt mit seinen Daten. Oder statt Geld ist es es weniger Komfort und mehr Aufwand den ich habe, um auch digital verantwortungsvoll zu leben. Faire digitale Produkte gibt es nicht zum Nulltarif.

Die Fairtrade-Bewegung entstand zu Beginn der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts, in der zweiten Hälfte der 90er Jahre kamen Siegel in Gebrauch – und erst in den letzten zehn Jahren erlebte Fairtrade einen allgemeinen Aufschwung.

Hoffentlich braucht digitale Fairness nicht so lange wie Fairtrade, um sich durchzusetzen.  Auch im Digitalen geht es um Gerechtigkeit, Teilhabe und Nachhaltigkeit – Ziele für die wir als Christinnen und Christen eintreten.

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3 Antworten zu “Kaffee – Fairtrade, Gemüse – Bio, Digitales – Fragezeichen?”

  1. Auf Mastodon finde ich dich nicht. hm. Findest du mich? @kulervo@ruhr.social
    In den Gemeinden treffe ich auf Menschen, die nicht mehr den Weg durch die Gremien gehen, sondern ihr eigenes Ding machen. Sitzungen entschleunigen und System, die über Jahre gewachsen sind, verhindern Veränderung. Das Internet wird kritisch gesehen von den Einen. Die Anderen haben Ideen und wollen sie umsetzen. Aber das Feld ist groß und man muss schon wissen, was man tut. Da ist auch technische Kenntnis notwendig.
    In dem Verein GemeinwohlÖkonomie hat sich im vergangenen Jahr ein Arbeitskreis Kirche gebildet. Dort arbeiten man deutschlandweit zusammen.
    Aus meiner Sicht sind Prozesse und deren Gestaltung interessant. Antworten kann man auch googlen.

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