Verändern Facebook und Twitter den Tod?

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Der Trauermonat November erfasst auch das Netz. Dem digitale Netizen gibt der Jahresrhythmus anscheinend Halt, zumindest aber Gesprächsstoff. Der Tod wird in der Gesellschaft tabuisiert, hier bildet das Internet die gesellschaftliche Realität ab, auch online ist der Tod ein Tabu. Umgangsformen mit Tod und Sterben, die sich in der Kohlenstoffwelt entwickelt haben, greifen in der Netzkultur nicht. Wie gehen Angehörige oder Erben mit dem Facebook-Profil einer oder eines Verstorbenen um?

Wie viele Verstorbene in Deutschland noch ein Social-Media-Profil haben, ist nicht seriös zu erfassen. Schließlich ist nicht zu unterscheiden, ob jemand tot oder einfach inaktiv ist. Doch künftig wird wohl fast jeder einmal mit der Frage konfrontiert werden, was zum Beispiel mit der Facebookseite eines Freundes oder Verwandten passieren soll
via Digitales Erbe: Wie Facebook und Twitter den Tod verändern – IT + Telekommunikation – Technologie – Handelsblatt.

Gleichzeitig gibt es Rückbezüge aus der Offline-Welt ins Internet, QR-Codes zieren schon die ersten Grabsteine. Ein Foto vom Grabstein mit dem Smartphone und schon gibt es Online-Content zu den Verstorbenen. Wir sind in einem Prozess der Veränderung, die Trauerkultur ist im Wandel. Noch ist nicht abzusehen, wohin die Entwicklung geht.
Wir werden sicherlich Wege finden, angemessen mit dem Tod eines Menschen in sozialen Netzwerken umzugehen. Das Verhältnis von Online-Gedenkseiten zu Friedhöfen wird sich klären. Aber es wird dabei bleiben, dass der Tod eines Menschen der totale Abbruch von Beziehungen bleibt. Das Internet wird den Tod nicht erträglicher machen.

Auf Trauernetz.de bieten wir zum vierten Mal eine Chatandacht am Ewigkeitssonntag an. Ob die Namen von einem Blatt Papier vor dem Altar verlesen werden oder am Bildschirm aus einem Online-Trauerbuch eingeblendet werden, ist nicht wichtig, entscheidend ist das Vertrauen, dass Gott niemanden vergisst, so lassen sich für mich die Erfahrungen der vergangenen drei Jahre  zusammenfassen. In der Woche vor dem Ewigkeitssonntag können Freunde und Angehörige die Namen Verstorbener in eine Online-Trauerbuch eintragen, während der Chatandacht werden die Namen am Bildschirm eingeblendet. Die Chatteilnehmer schweigen gemeinsam, unterbrochen manchmal von einem Gebetsruf. Besonders eindrücklich für mich, als eine Mutter tippte, „Du bist jetzt bei Gott mein Kind“, während der Name ihrer Tochter über den Bildschirm lief.
Anders als im Gemeindegottesdienst liegen die Todesdaten häufig zwei bis fünf Jahre zurück, andere mehr als zehn Jahre. Während in der Gemeinde nur der Verstorbenen des vergangenen Jahres gedacht wird, zeigt sich online, dass viele Menschen in anderen Zyklen trauern. Das Internet erlaubt hier eine Individualisierung der Zeitspanne. So gesehen verändern soziale Netzwerke – also bildlich gesprochen Twitter und Facebook –  den Tod oder besser: den Umgang mit dem Tod.


Die Realität des Todes ändert sich aber nicht, die bleibt gleich. „‚mmh…‘ An´s Sterben denken. Leben.“ betitelt Mechthild Werner ihren Blogbeitrag, darin zitiert sie den alten Bibelvers, der schon seit Jahrhunderten christliches Lebens- und Todesverständnis ausgedrückt hat:

Lehre uns bedenken,
dass wir sterben müssen,
auf dass wir klug werden.

Der Tod führt nach biblischem Verständnis letztlich doch ins Leben. Sich auf den Tod vorbereiten, führt dazu, das Leben bewusst als Geschenk wahrzunehmen. So endet der Blogpost dann mit der Frage:

Bevor ich sterbe, will ich …

Die Antwort darauf kann jeder online als Kommentar im Blog eintragen, oder nur für sich bedenken – oder gar einen ganzen Blogpost dazu schreiben.
Der Tod ändert sich nicht – die Kommunikation über den Tod aber schon.

PS: Der QR-Code oben auf der Seite enthält den Link zu diesem Blogpost, enthält also keine geheime Nachricht.

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5 Antworten zu “Verändern Facebook und Twitter den Tod?”

  1. Ein Thema, dass mich persönlich betrifft, denn in einer Woche jährt sich der Todestag von Spero (alias Peregrina), einer bekannten Teilnehmerin an Internetforen und beeindruckenden Lehrerin der \“Ars morendi\“. Du, lieber Ralf Peter, wirst sie aus der früheren Community von evangelisch.de noch in Erinnerung haben.
    Ich selbst suche noch nach einem Weg, ihr Wirken im Internet angemessen zu würdigen. Dabei geht es jedoch nicht um den Ausdruck persönlicher Trauer, sondern ihr hoffnungsfrohes christliches Glaubenszeugnis und gerade ihren bewussten Umgang mit dem Voranschreiten ihrer todbringenden Krankheit für andere zugänglich zu machen.
    Bei Facebook steht sie immer noch auf meiner Freundesliste. Und ich möchte ihren Avatar, das Zeichen des Jakobsweges, auch nicht auf meinem Profil missen. Obwohl wir uns nur aus dem Internet kannten und nie persönlich gesehen haben, ist sie mir selbst zu einer Wegmarke auf dem irdischen Pilgerweg geworden.
    http://www.kathnews.com/index.php?page=Thread&postID=327843#post327843
    und trotz der absolut unpassenden Werbung:
    http://peregrina.blog.de/

  2. Von den QR-Codes auf den Grabsteinen habe ich schon mal gehört. Das finde ich eine gute Idee. Ich weiß nicht, wie die personalisierte Gedenkseite aussehen wird, aber es ist toll, wenn Leute noch am Leben selbst entscheiden könnten, welche Information dort veröffentlicht werden kann.

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