Immer wieder erlebe ich es, dass Menschen Internetanschriften in den Suchschlitz ihrer Suchmaschine eingeben, anstatt die Internetanschrift direkt in die Adresszeile des Browsers einzutippen. Diese Verhaltensweise macht deutlich, Suchmaschinen erschließen uns das Internet. Google, Bing und Co zeigen uns das Netz. Das klappt auch wunderbar, immer besser erraten die Suchmaschinen, was wir tatsächlich wollen. Suchmaschinen können dies aber nur, weil sie uns kennen. Je mehr eine Suchmaschine – so wie Google – über mich weiß, desto bessere Ergebnisse kann sie mir präsentieren:
In den meisten Fällen finden Nutzer die gesuchte Information auf Google. Uns ist jedoch bewusst, dass unsere Suchergebnisse nicht immer den gewünschten Erfolg bringen. Das liegt daran, dass ein gewisser Grad an Spekulation unvermeidlich ist, besonders dann, wenn der Suchbegriff nicht eindeutig ist. Wenn Sie [Paris Hilton] eingeben, meinen Sie dann das Hotel in der französischen Metropole oder suchen Sie nach dem neuesten Klatsch über die Millionenerbin? Möchten Sie bei der Eingabe von [Chelsea] Informationen über den Fußballverein erhalten oder etwas über das Viertel in London oder in New York erfahren?
Ein Algorithmus kann all diese Fragen nicht beantworten. Daher ist es hilfreich, wenn wir ein paar Dinge über Ihre Präferenzen wissen. Wenn wir einige Anhaltspunkte dazu haben, stehen die Chancen besser, dass wir Ihnen gleich beim ersten Versuch die gewünschten Ergebnisse liefern können.https://www.google.de/goodtoknow/data-on-google/more-relevant/
Personalisierung heißt das Schlüsselwort für diesen Erfolg. Am besten werden die Ergebnisse, wenn der Suchmaschinenbetreiber auf ein Protokoll meiner Online-Aktivitäten zurückgreifen kann. Gerade auf dem Smartphone finde ich es außerordentlich hilfreich, wenn nach wenigen getippten Buchstaben schon die Begriffe vorgeschlagen werden, nach denen ich suchen will – so als ob die Suchmaschine meine Gedanken lesen könnte.
Auch Anzeigen – damit verdienen die Suchmaschinen schließlich ihr Geld – sollen zu meinen Interessen passen. Je zielgenauer, desto erfolgreicher ist die Werbung. Grundlage für meinen Komfort und den Erfolg des Marketings ist die Personalisierung, dass die Suchmaschine mich kennt. Auch Bing – die von Microsoft betriebene Suchmaschine verfährt ähnlich wie Google. Bezeichnend ist Googles Selbstverpflichtung, dass „auf der Grundlage vertraulicher Informationen wie Religion, sexuelle Orientierung, Gesundheit oder vertrauliche finanzbezogene Kategorien“ gewonnes Wissen nicht für die Personalisierung genutzt wird.
Sowohl bei Google als auch bei Bing kann man das Datensammeln (teilweise) unterbinden, allerdings wird es dem Benutzer bzw. der Benutzerin nicht einfach gemacht. Vor allen Dingen: man kann sich nicht mit einem Klick von jeglicher Personalisierung befreien
Was geschieht, wenn ich mich abmelde?
Wenn Sie sich abmelden, bedeutet dies nicht, dass Sie gar keine oder weniger Werbung erhalten. In diesem Fall ist die Werbung, die Sie erhalten, jedoch nicht mehr personalisiert.
Außerdem werden auch nach der Abmeldung weiterhin Daten erfasst. Diese und andere über Sie in der Vergangenheit erfassten Daten werden jedoch nicht mehr zum Anzeigen von personalisierter Werbung verwendet. Microsoft stellt auch weiterhin personalisierte Inhalte wie Nachrichtenartikel, die bei MSN angezeigt werden, sowie die Ergebnisse aus Ihrer Suche nach Software-Updates für Sie bereit.
Geht es auch anders? Ja! Die Metasuchmaschine Startpage bietet eine anonyme Suche über Google an:
Wenn Sie mit Startpage suchen, bereinigen wir alle Informationen, die zu einer Identifizierung führen können und geben Ihre Suchanfrage dann anonym an Google weiter. Wir erhalten dann die Suchresultate und retournieren diese an Sie unter absoluter Wahrung Ihrer Privatsphäre.
Ich frage mich, warum bieten Google und Bing diesen Service nicht selbst an? Die Antwort ist offensichtlich: Würden sie es so einfach machen, könnten Sie sich schnell ihres Geschäftsmodells berauben. Niemand wechselt gerne, es ist schwierig, neue Marktanteile zu gewinnen. Es wäre verlockend, Google weiter nutzen zu können, ohne personenbezogene Daten preiszugeben. Oder es sind die Marketing-Experten bei Google, die den Datenschutz verhindern: Die User Experience wäre eine andere, käme Google ohne Personalisierung daher.
Aus dem Hause Ixquick kommt neben Startpage auch die unter dem eigenen Namen Ixquick.com vertriebene Metasuchmaschine. Ixquick wirbt damit, die „‚diskreteste‘ Suchmaschine der Welt“ zu sein, die keine IP-Nummern speichert und Träger des Europäischen Datenschutz-Gütesiegel EuroPriSe ist. EuroPriSe wurde u.a. vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein aufgesetzt und von der Europäischen Kommission im Rahmen des eTEN Work Programm gefördert. Wie wichtig das sparsame Erheben von Daten ist, zeigt eine technische Panne von AOL, wobei Hundertausende Suchabfragen mit persönlichen Daten öffentlich wurden. Deshalb wirbt Ixquick für die Privatsphäre:
Suchen wir etwas im Internet, teilen wir unsere privatesten Gedanken mit unserem Computer.
Diese Gedanken gilt es privat zu halten.
Ich habe mir Ixquick in der Toolbar meines Browsers als zusätzliche Suche installiert. Nun kann ich über Ixquick genauso einfach suchen wir über Google und Bing.
Ixquick beherrscht Verschlüsselung und bietet an, die Suchergebnisse über einen Proxy-Server abzurufen. Dadurch wird ausgeschlossen, dass meine Suchabfragen im Netzwerk lesbar sind. Außerdem kann ich die Suchergebnisse aufrufen, ohne mich erkennen zu geben.
Nutze ich Ixquick? Nach einer Woche Praxis-Test muss ich gestehen, dass ich zusehr ein Gewohnheitstier bin. Die Google-Nutzung überwiegt bei mir, ich habe mich zu sehr ans Layout und die Präsentation der Ergebnisse gewöhnt. Obwohl ich mich über Google als Datenkrake beklage, nutze ich Google trotzdem. Mein Komfort-Faktor siegt in der Regel über den Datenschutz. Muss ich das ändern? Soll ich mich ändern?
Trotzdem bin ich froh, dass es Alternativen zu Google gibt.
Jemand im Landeskirchenamt erhielt den Hinweis, dass die Website einer Kirchengemeinde Links zu Porno-Seiten enthalte. Bevor man auf die Gemeinde zugeht, muss man dies natürlich überprüfen. Aber Porno-Seiten vom eigenen Arbeitsplatz-PC aufrufen? Oder lieber im Beisein einer Zeugin oder eines Zeugen diese Seiten ansurfen?
Eine anonyme Suche und ein anonymes Aufrufen der Suchergebnisse können in solchen Fällen hilfreich sein. Wenn aber anonymes Surfen die Ausnahme ist, stellt sich fast die Frage: macht sich bereits verdächtig, wer anoym unterwegs ist? Oder will ich nur nicht, dass Google aus meiner [Paris Hilton]-Suche den Schluss zieht, ich bin nur an Gesellschaftsklatsch interessiert und mich bei meinen nächsten Suchen mit Glamour-Werbung überzieht.
Eine Antwort zu “Lieber diskret nach Paris Hilton suchen”
[…] immer dann besonders brauchbare Ergebnisse, wenn sie meine Suchanfrage interpretieren kann. „Paris Hilton“ kann die Suchanfrage nach einem Pariser Hotel oder einem amerikanischen Star sein. Je mehr die […]