Gerade bei Social-Media-Verweigerern im kirchlichen Bereich hört man oft, dass Facebook etwas für Jugendliche sei. Oder man folgt dem Argumentationsduktus kirchlicher Gremien. Da der Jugend bekanntlich die Zukunft gehört, erhält man schneller und einfacher die Zustimmung, wenn sich das Projekt an die Jugend wendet – so muss es zumindest in der Projektbegründung stehen.
Ist Facebook ein Kanal für die Jugend? Nach dem rasenten Abstieg von SchülerVZ ist Facebook sicherlich das unter Jugendlichen am meisten verbreitete Social Networke, doch Social Media sind mehr als nur Netzwerk. So erlebe ich als Vater einer Teenagerin, dass die Facebook-Nutzung meiner Tochter in den letzten Monaten massiv zugunsten von WhatsApp gesunken ist, aber natürlich Facebook nicht komplett aufgegeben wurde.
Aber Facebook ist nicht das Social Media-Angebot für Jugendliche. Jüngste Studien aus den USA belegen, dass dort in der Altersgruppe der 13-25-Jährigen nun Tumblr vor Facebook liegt. Die United Methodist Church überlegt daher, wie sich Tumblr für die Gemeindearbeit nutzen lässt. Auch die Facebook-Statistik für die EKiR-Facebook-Fanpage zeigt, dass das größte Segment der Nutzer und Nutzerinnen zwischen 45 und 54 Jahren ist.
Auch wenn sich diese Zahlen nicht verallgemeinern lassen, sie stellen ein Indiz dar, dass wir mit christlichen bzw. kirchlichen Inhalte über Facebook jüngere Leute eben nicht erreichen. Zu dieser Aussage kommt man auf jeden Fall, wenn wir diese Zahlen in Bezug zur allgemeinen Facebook-Nutzung in Deutschland setzen. Darüber könnte man klagen, oder es auch positiv sehen, dass wir über Facebook ein Alterssegment ansprechen, das normalerweise nicht zu unseren Angeboten vor Ort kommt, nämlich Männer über 45.
Wer sich die Zahl der aktiven Facebook-Nutzer in Deutschland ansieht, bemerkt seit Jahresbeginn einen leichten Rückgang bzw. eine Stagnation, eine Sättigung bei ca. 25 Millionen Nutzern zeichnet sich ab, auch wenn der Markt volatil ist.
Ist Facebook out? Zumindest ist es längst nicht mehr cool, sondern Mainstream. Außerdem hat es das Alleinstellungsmerkmal verloren. Für die kirchliche Medienarbeit bedeutet dies, dass es keine alleinige Fokussierung auf Facebook geben darf, sondern wir auch andere Social Media-Angebote beachten müssen, so wie es die methodistsche Kirche in den USA mit Tumblr und Instagram zurzeit tut. Auch SnapChat könnte interessant werden, wie Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach meint, dessen Beobachtungen zu Facebook ich gerne hier weitergebe. Ein Medium für Jüngere ist Facebook nicht mehr, es scheint erwachsenen geworden zu sein.
1. Facebook ist elternverseucht
Wenn inzwischen mehr als die Hälfte der Eltern von Jugendlichen, die auf Facebook sind, dort auch rumturnen, ist das eher übel für dessen Reputation. Ja, noch nutzen sie massiv vor den Augen ihrer Eltern verborgene Funktionen wie Gruppen und Chat. Aber das wird zurück gehen, wenn das Posing für sie nicht mehr attraktiv ist auf diesem Netzwerk. Und das ist es schon jetzt immer weniger. Die starken Wachstumsraten von Twitter (auch in Deutschland jetzt erstmals, fast nur unter Jugendlichen) und Instagram (was mich weniger überrascht hat) sprechen dafür, dass sie ausweichen auf Netzwerke, in denen bisher nur wenige Erwachsene sind. Oder gleich ganz andere Dinge ausprobieren – ich bin beispielsweise sehr gespannt auf Wachstumsraten von SnapChat, vor allem, wo sie jetzt auch für das bei Jugendlichen sehr beliebte Android verfügbar sind (und ich halte SnapChat für tatsächlich sehr interessant, vor allem das Privatsphärekonzept, das daraus spricht).
Warum sollten Jugendliche auf Dauer ein Netzwerk nutzen, auf dem die Eltern sind? Wenn, dann werden sie es so „sauber“ nutzen wie wir Xing oder LinkedIn.
2. Sollbruchstelle Ausweisstelle
Die Funktion von Facebook, die de-facto-Ausweisstelle des Internet zu sein, trägt viel zu seinem aktuellen Erfolg und Sog, vor allem unter Erwachsenen, bei. Aber sie ist zugleich der Punkt, an dem sich die nächste Generation abwenden wird. Zunächst nur einige Subgruppen, die besonders stark auf Abgrenzung setzen, so wie es in linken Szenen lange schon große Facebook-Aversionen gibt. Und nach und nach weitere. Je mehr Facebook faktisch zu einem Silo wird, egal wie sehr sie den AOL-Fehler zu vermeiden suchen, desto schneller werden sich nachwachsende Gruppen abwenden.via Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach Haltungsturnen: Alte-Leute-Medium.
Übrigens: auf dem Kirchentag in Hamburg #DEKT wird Tumblr der Social Media Hub sein. (Hier schon der Preview (zurzeit noch mit Testeinträgen) zu socialmedia.kirchentag.de.)
3 Antworten zu “Facebook ein Alte-Leute-Medium? Was kommt danach?”
[…] Gerade bei Social-Media-Verweigerern im kirchlichen Bereich hört man oft, dass Facebook etwas für Jugendliche sei. Oder man folgt dem Argumentationsduktus kirchlicher Gremien. Da der Jugend bekann… […]
[…] Medium immer noch taugt, (aus Kirchensicht) unerreichte Millieus (Männer über 45) zu erreichen, schreibt […]
[…] noch ein Schatten ihrer einstigen Pracht und Macht. Auch meine Privatempirie als Vater bestätigt, Facebook wird seltener von Jugendlichen genutzt. Die Frequenz der Nutzung sinkt, weil Facebook immer mehr Mainstream geworden ist. Allerdings habe […]