Facebook: Es ist eine Kosten-Nutzen-Rechnung

Facebook-Werbung
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Auch wenn die Nutzung von Facebook nichts kostet (sieht man vom absurden Versuch 2012 ab, dass Facebook es sich bezahlen lassen wollte, Posts bevorzugt bei Freunden anzuzeigen), so hat Nutzung von Facebook jedoch einen Preis, jeder bezahlt mit seinen Daten.
Facebook ist eben kein Wohlfahrtsverband, es stellt sich daher die Frage, ob das, was man Facebook gibt – Daten über sich – , die Gegenleistung wert ist, die man empfängt.
Es ist eine Kosten-Nutzen-Rechnung.


Sehe ich mir das „klassische“ Facebook an, so finde ich die Posts im Stream immer nichtssagender, gefühlt ist jeder dritte Post nervige Werbung.
Wie entkomme ich nerviger Werbung? Facebook bietet mir an, sie durch interessante zu ersetzen.
Warum mir gerade Werbung für Leder-Portemonnaie angezeigt wird, entzieht sich meiner Phantasie, allerdings bietet mir Facebook folgende Optionen, die Geldbörsenwerbung loszuwerden:

I don’t want to see this
See fewer posts like this
Hide all ads from Bellroy
Save „Slim Leather Wallets by Bellroy“
Why am I seeing this?
This ad is useful

Facebook spannt mich also ein, die Werbung an mich zielgenauer zu machen. Damit ich in Zukunft weniger genervt werde, muss ich noch mehr Daten von mir preisgeben. Das ist so, als müsste ich bei IKEA noch dafür bezahlen, dass ich selbst die Möbel zusammenbaue.

Facebook-Screenshot


Wenn jemand meiner Facebook-Kontakte bestimmte Daten von sich nicht preisgeben möchte, bietet mir Facebook an, ihn oder sie genau danach zu fragen. Tu ich es, so werde ich zu Facebooks Erfüllungsgehilfen.
Da ich auch kein Candy Crush spiele, steigt der Facebook-Nerv-Faktor, während der Nutzwert sinkt.
Ich merke, wie ich immer weniger Lust auf Facebook habe, und kann es sehr gut nachvollziehen, wenn jemand Facebook den Rücken kehrt.

Postkartenversand und Plakatwand

Den Facebook-Messenger und die Facebook-Gruppen nutze ich (noch) gerne, und zwar sowohl am PC als auf dem Smartphone. Persönlich finde ich es unpraktikabel, für Facebook einen eigenen Webbrowser zu nutzen, wie es Fachleute aus Datenschutzgründen empfehlen. Die Datenschutzsituation für Facebook hat sich verschärft, es ist sehr bedenklich, welche Daten Facebook aus verschiedenen Quellen über einen sammelt, wie es beispielsweise Salim Virani darlegt, der in seinem Blog dazu aufruft:“Get your loved ones off Facebook.“
Um mit diesem Dilemma umzugehen, sage ich mir immer wieder: Was ich im Messenger tippe, müsste ich auch auf eine Postkarte schreiben können, was ich in einer Gruppe poste, müsste ich auch auf eine öffentliche Plakatwand pinnen können. Ich weiß, diese Vergleiche hinken, sie sollen mich jedoch erinnern, dass eben nichts privat bleibt, was ich Facebook anvertraue.

Mulmiges Gefühl

Ich nutze zurzeit Facebook weiter, aber es bleibt mir ein mulmiges Gefühl. Auch für unsere Landeskirche haben wir eine Facebook-Fanpage. Wir posten keinen exklusiven Content auf Facebook, jeder kann unsere Inhalte auch unsere Website oder andere Kanäle erhalten. Allerdings führt – so meine Einschätzung – an Facebook zurzeit kein Weg vorbei, denn es ist niederschwellige Kontaktfläche für viele Menschen. Der Köder muss dem Angler nicht schmecken, daher kann ich auf Facebook auch Angebote machen, auch wenn ich Bedenken gegenüber diesem Netzwerk habe. Es ist eine Abwägungsentscheidung, überwiegen die Chancen oder sind die Gefahren größer.

Monopole und Datenschutz

Facebook ist ein Monopol, Monopole tendieren dazu, ihre Marktmacht zu missbrauchen. Zum Zuckerberg-Netzwerk gehören ja auch Instagram und WhatsApp. Außerdem stellt sich bei Online-Diensten immer die Frage des Standortes, d.h. welcher Rechtsraum greift. Mittelfristig kann ich nur hoffen, dass Facebooks marktbeherrschende Stellung gebrochen wird und tatsächlich europäisches Datenschutzrecht greift. Ich bin gespannt, welche Entwicklung Facebook nimmt. Noch bin ich bei Facebook – aber es ist eine Kosten-Nutzen-Rechnung, die ich anstelle, und die ich von Zeit zu Zeit überprüfen werde.

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7 Antworten zu “Facebook: Es ist eine Kosten-Nutzen-Rechnung”

  1. Lieber Ralf Peter,
    Danke Dir für deinen Post. Ich lese immer wieder von Werbung bei Facebook, sehe aber selber keine. Vielleicht liegts an AdBlock… Den Satz vom \“Köder\“ finde ich übrigens schwierig. Wir wollen ja keine Menschen ködern – und vor allem bin ich der Meinung, dass in der Kirche und wenn es ums Evangelium geht, der \“Köder\“ auch dem Angler schmecken muss. Für uns als Gemeinde trägt Facebook immer weniger aus – man bleibt im inner circle derer, die einen ab und zu liken, kommentieren usw. Und im Livefeed gerät man eben auch extrem schnell aus dem Blickfeld, so dass man nur selten \“Zufallstreffer\“ landet. Veranstaltungseinladungen bringen immerhin noch ein bisschen publicity, weil man in die FB-Kopfleiste kommt. Aber bei 300 \“Freunden\“ ist das schon eine sehr mühsame Klickerei…
    Beste Grüße
    Markus

    • Lieber Markus,
      am meisten nerven mich die \“Suggested Posts\“ – vor allen Dingen der Form: XYZ likes ProduktABC\“
      Den Satz mit dem Köder habe ich natürlich nicht so gemeint, dass wir jemanden fangen sollen, sondern – hier kommt jetzt der Rheinländer – im Sinne von, Jesus war vor nix fies, das heißt, um der Botschaft willen lasse ich mich auch auf Umgebungen ein, die mir persönlich nicht behagen.
      Sollten WhatsApp und Facebook integriert werden (http://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/facebook-plant-zuckerberg-die-integration-von-whatsapp/11341246.html – warum glaube ich manchen Dementis nicht) – muss man überlegen, welche Konsequenzen das hat.
      Ansonsten heißt es für mich beobachten – und regelmäßig auf die Kosten und den Nutzen sehen.

  2. Du beschreibst das aus der Sicht des Einzelnen bzw. der EKiR und machst für dich eine Kosten-Nutzen-Rechnung auf. Leider gehen diese Entwicklungen noch viel weiter, reißerisch beschrieben im vorletzten SPIEGEL (leider nicht online erhältlich, aber hier ein Kommentar dazu: http://www.netz-trends.de/id/3880/SPIEGEL-Titel-Weltregierung-Silicon-Valley-steuert-Zukunft/ ). Ob ich das jetzt \“Weltregierung\“ nennen muss, sei dahin gestellt. Allein der Versuch, aber jednseits aller politischen und demokratisch-rechststaatlichen Regelungen die Welt verändern zu wollen, sollte hellhörig machen.
    Fragt sich, wie die Konsequenzen aussehen. Meine \“neue\“ Landeskirche (Hannover) versucht es mit einem Hochsicherheitstrakt. Funktioniert technich auch ganz gut, aber bislang noch nicht in der inneren Fläche (kann noch kommen), aber auch die Schnittstellen zu Google, Facebook und Co. sind kompliziert. Wer weiß, was für Filter Google und Facebook längst über ihre Systeme gelegt haben und was daher nicht angezeigt wird.
    Die Gegenposition habe ich auch schon gehört: Was juckt mich Datenschutz (funktioniert eh nicht), ich will kommunizieren und mich verbinden, ob Google und Co. mich dabei anhören und mir Werbung legen, interessiert mich nicht, klick ich sowieso nicht drauf.
    Der ebenfalls denkbare Rückzug in die reine Face-to-face Kommunikation wäre allerdings ein schwerwiegender Verlust von Kontakten, Austausch und Vernetzung.
    Tja, Du hast mal getextet: \“Wir sind nur Gst auf Facebook.\“ Dahinter steht der Satz: Wir sind nur Gast auf Erden. Das finde ich noch mal theologisch interessant und entlastend. Vielleicht müssen wir Rechtfertigung und Sünde mal ganz neu durchbuchstabieren: Erlösung und Freiheit aus den inneren (!) Zwängen, die uns – individuell wie strukturell – die Digitalisierung auferlegt und von dort aus Kritierien entwickeln für ein fröhliches Leben der Christ/-innen in der Freiheit der Kinder Gottes im Sinne des: Peccate fortiter!
    Schöne Grüße ins Rheinland.

    • Lieber Matthias, theologisch finde ich es interessant, das Pecca fortiter weiterzudenken, politisch/gesellschaftlich stellt sich mir die Frage, dass sichergestellt werden muss, dass Datenschutz effektiv greift und wann Monopolen Auflagen gemacht werden können oder sie gar zerschlagen werden. In der Telefonie hatte Bell Telephone Company http://en.wikipedia.org/wiki/Bell_System eine ähnliche Dominanz wie Facebook bei Sozialen Netzen, bis das U.S. Justice Department eingriff.

  3. Lieber Ralf Peter,
    mir geht es ähnlich wie in vielem ähnlich wie dir. Dabei stört mich am meisten, dass 85% der Einträge mich gar nicht interessieren (und das betrifft bei weitem nicht nur Werbung, die ich ja gut ignorieren kann), 12% vielleicht ein wenig und nur vielleicht 3% wirklich.
    Und wahrscheinlich geht es mindestens 80% meiner Facebook-\“Freunden\“ auch genauso mit den Dingen, die ich publiziere.
    Aber manches von den 3% ist interessant, und so bleibe ich erst einmal dabei

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