Im Vorfeld wurde über das angekündigte Internet-Abendmahl viel diskutiert, daher wollte ich online erleben, wie es umgesetzt würde. Kurz vor acht Uhr meldete ich mich an. Die Webinar-Plattform bot ein Facebook-Login an, das ich zunächst nutzen wollte.
Da die Webinar-Plattform das Recht haben wollte, für mich auf Facebook zu posten, lehen ich ab – und kann mich nicht anmelden. Der Dialog ist übrigens komplett auf Englisch. Also nun doch die normale Anmeldung mit Email-Bestätigung.
Ich erhalte per Email die Anmelde-Bestätigung, offensichtlich habe ich damit auch einem Newsletter-Abo zugestimmt – und Geld verdienen will ich auch nicht mit irgendeinem Affiliate-Programm.
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Endlich bin ich drin – und sehe zunächst eine Dame unter der Dusche, dann schminkt sie sich und legt sich ins Bett.
Oben in der Ecke des Screens erkenne ich den Namen des Liturgen: Ralf Friedrich. Sein Bild ist sehr dunkel, so dass ich nur Umrisse erkenne.
Endlich ist das YouTube-Werbe-Video (was soll es sonst gewesen sein? [s. Anmerkung PPPS]) abgeblaufen – und ich komme in den Gottesdienst rein. Die Begrüßung habe ich nun verpasst. Sei es drum. Es folgt ein Gebet, dass nun groß als Text in der Bildschirmmitte angezeigt wird.
Danach ein Lied, auch hier der Liedtext in der Bildschirmmitte zum mitsingen:
Mit mir sind noch fünf bis sechs Personen online. Endlich finde ich die Chat-Funktion. Aber es gibt nur einen Gruppenchat, man kann keine einzelne Person anpingen bzw. anflüstern. Aber der Chat bleibt seltsam ruhig.
Das Mikro überträgt die Stimme des Liturgen, von der Gemeinde hört man fast nichts. (Wenn ich selbst Gottesdienst halte, singe ich nicht mit bzw, schalte das Mikro ab, aber hier kommt die Stimme des Liturgen kräftig aus dem Lautsprecher, aber nicht jeder Liturg ist auch ein begnadeter Sänger.)
Zwischendurch bricht der Ton ab, das Bild ruckelt. Dies kommetiert dann eine Teilnehmerin:
Beverly HOLLYWOOD:
Leider ist die Bild- und Tonqualität nicht gut 🙁
Ralf Friedrich:
und für das nächste Mal werden wir eine bessere Bandbreite hinbekommen
Merkwürdig nur, dass ich den Liturg im Gottesdienst vor dem Altar sehe, also muss jemand anders unter seinem Namen tippen. Was sagt das für die Authentizität desPrediegers bzw. der Predigerin aus?
Zwischendurch wird auf Vollbild geschaltet, man sieht den Prediger, neben dem Namen des Predigers wird nun als Avatarbild ein Firmenlogo eingeblendet.
Leider ist das Bild nur dunkel – und wie gesagt, es ruckelt und der Ton hat Aussetzer. Die Predigt ist eine Dialog-Predigt bzw. ein Dialog, aber leider hört man nur Wortfetzen, wenn jemand aus der Gemeinde etwas sagt, ab und zu Erklärungen für die Internetgemeinde, die aber ist merkwürdig schweigsam, nur ganz wenig Reaktion auf die Dialogpredigt.
Es folgen meditative Phasen, dann das Abendmahl – die Gemeinde kommt nach vorne.
Als die Gemeinde das Abendmahl empfangen hat, geht der Liturg vor die Kamera und hält eine Oblate hin und spricht: „Und für die Gemeinde im Internet: ‚Das ist mein Leib.’“ – Dann war der Ton weg und das Bild hat eine Aussetzer.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass dieser Gottesdienst für die Gemeinde vor Ort ein gute Gottesdienstfeier war, für die Online-Teilnehmer warf bereits die Technik Probleme auf, die esmir schwer machten, mich auf den Gottesdienst als solchenüberhaupt einzulassen. Die dunklen Lichtverhältnisse in der Kirche mögen Initimität erlauben, auf dem Bildschirm sah die Kiche einfach nur düster aus.
In der Liturgie, im Ablauf und in der Konzeption habe ich mich als Online-Teilnehmer als Fremdkörper gefühlt, der eigentlich Gottesdienst lief vor Ort ab, das Internet wirkte drangeflanscht. Die Interaktionsmöglichkeiten des Internet (die Kanalreduktion ließe sich auch als Chance begreifen) wurden nicht liturgisch genutzt, technische Probleme kamen hinzu.
Auf evangelisch.de hat Ralf Friedrich diesen Gottesdienst als Experiment angekündigt: „Ob das funktioniert oder nicht, werden wir am Freitagabend nach dem Gottesdienst wissen.“
Mich würde sein Fazit interessieren – in meinen Augen ist das Experiment misslungen. Aber hätte man wirklich mit dem Abendmahl experimentieren müssen? Hätte man nicht zuerst eine kongruente Form eines Online-Gottesdienstes entwicklen können, für die es ja bereits Anküpfungspunkte und Vorlagen gibt.
Schade.
PS: Wenn es jemand interessiert: Ich war nur Zuschauer und hatte kein Brot und keinen Wein neben meinen Bildschirm gestellt.
PPS (9.9.12): Ich bekam per Email eine Aufforderung zugeschickt, auf der Website einen Evaluationsbogen auszufüllen, doch leider funktionierte das auf der Website nicht.
PPPS (11.9.12): Eine Teilnehmerin am Gottesdienst erzählte mir heute, dass auch die Gemeinde vor Ort auf der Leinwand dieses Video sah, es sollte thematisch in den Gottesdienst einführen. Da ich dieses YouTube-Video ohne Erklärung sah, konnte ich den inhaltlichen Bezug zum Predigttext/Bibliolog nicht herstellen.
6 Antworten zu “"Das ist mein Leib" – und dann war der Ton weg”
Danke für die Info, bin auch mal auf das Fazit des Liturgen gespannt.
Danke Ralpe für den Blogbeitrag. Vielleicht wäre es klug, sich mit Bernd Gratzer von der Markuskiche (@evmakir) auseinander zu setzen, denn seine Online-Andachten sind klasse umgesetzt, keine technischen Probleme, keine Anmeldeschwierigkeiten, Austausch via Twitter und sie machen Spaß.
Bin natürlich auch auf das Fazit des Liturgen gespannt.
Dazu habe ich nun mit leichter Verspätung auch einen Kommentar geschrieben. http://weblogs.evangelisch.de/weblogs/stilvoll-glauben/2012/09/10/nimm-hin-und-iss-fuer-dich-gestreamt
[…] Ralf Peter Reimanns Bericht vom ersten Online-Abendmahl: "Im Vorfeld wurde über das angekündigte Internet-Abendmahl viel diskutiert, daher wollte ich online erleben, wie es umgesetzt würde. Kurz vor acht Uhr meldete ich mich an. Die Webinar-Plattform bot …" […]
Was mich jetzt – neben dem unerklärten Video – am ehesten stört ist, daß scheinbar quasi zwei Abendmahle gefeiert werden sollten. Wenn, dann müßten doch die Einsetzungsworte lokal und auf die Ferne gleichzeitig gemünzt sein, sonst ist das Gefühl, Fremdkörper zu sein wohl schon vorprogrammiert. Entweder man hat EINE Gemeinde, die feiert, oder gar keine, aber keine zwei!
Überhaupt sind das nochmal zwei verschiedene Kategorien: Gottesdienste mit Online-Beteiligung und Gottesdienste, die nur Online stattfinden. Ich vermute, daß beide unterschiedliche Vorgehensweisen benötigen, um zu funktionieren.
[…] so feierte im September 2012 ein Prädikant in einer hessischen Gemeinde ein Online-Abendmahl [https://theonet.de/2012/09/08/das-ist-mein-leib-und-dann-war-der-ton-weg/], die Internetuser waren eingeladen, bei sich Zuhause vor dem Bildschirm Brot und Wein bzw. […]