Gemeindeaufbau beginnt online

Freier WLAN-Zugang in einer amerikanischen Kirchengemeinde
Freier WLAN-Zugang in einer amerikanischen Kirchengemeinde

Karfreitag wollte ich in den Gottesdienst gehen, war mir aber bei der Uhrzeit unsicher. Der Gemeindebrief lag längst im Altpapier, ich musste auf Google suchen. Ich finde die Homepage der Gemeinde, aber dort sind die Gottesdienste zunächst unauffindbar. Endlich finde ich den Gemeindebrief zum Download als PDF-Datei, lade ihn herunter und finde auf den letzten Seiten den Gottesdienstplan. Es war gut, dass ich nachgesehen habe, denn in einer Gottesdienstsstätte fiel der Gottesdienstes wegen eines Passionskonzertes am Nachmittag aus.

Unternehmen legen Wert darauf, die Öffnungszeiten ihrer Filialen online richtig abzubilden. Sie wissen, eine Kundin oder ein Kunde, die vor verschlossener Türen stehen, sind frustriert und kommen in der Regel nicht mehr wieder und kaufen künftig bei der Konkurrenz.

Kirchengemeinden haben keine direkte Konkurrenz wie Discounter oder Drogerie-Märkte, aber sie müssen sich auch darum kümmern, dass Kundinnen und Kunden zu ihnen kommen. Das nennt man dann nicht Marketing, sondern Gemeindeaufbau. Die Kerngemeinde sind Stammkunden. Diese erreicht man auch durch Kanzelabkündigungen oder Schaukästen vor dem Gemeindehaus. Neukundenakquise ist eine große Herausforderung; bestehende Kundenbeziehungen aufrecht zu erhalten, ist schwierig genug. Wie erreicht man Gemeindeglieder, die (noch) dabei sind, aber nicht in Veranstaltungen auftauchen?

Glauben wir daran und hoffen darauf, Menschen neu oder wieder zu erreichen? Oder sind wir – wenn wir ehrlich sind – doch eine geschlossene Veranstaltung, bei der Neue eigentlich keinen Platz haben.

Willkommenskultur on- und offline

Die United Church of Christ – eine amerikanische Partnerkirche der EKD – bemüht sich um eine Willkommenskultur in ihren Gemeinden. Es gibt einen „Training Guide“ für „Greeters“, das sind Gemeindeglieder, die am Kircheneingang Besucherinnen und Besucher begrüßen und willkommen heißen.

Hospitality grows churches. Radical hospitality nurtures vitality in churches. Hospitality is evangelism in its simplest form. […] Authentic, genuine hospitality is the easiest way to show everyone who the church really is and how serious the church is about following the mandate of Jesus to reach out and make disciples.

Gastfreundschaft lässt Kirchen wachsen. Grundständige Gastfreundschaft fördert das Gemeindeleben. Gastfreundschaft ist die einfachtse Form von Evangelisation. Echte und aufrichtige Gastfreundschaft ist der einfachste Weg, um allen zu zeigen, was Kirche wirklich ist und ernst es die Kirche nimmt, dem Auftrag Jesu zu folgen und Menschen zu gewinnen und sie Jüngerinnen und Jüngern zu machen.

Bevor aber ein Greeter jemand begrüßen kann, muss der Gast den Weg in die Kirche erst finden. Der Kontaktpunkt ist für Interessierte in der Regel das Internet. Unverändert wichtig ist deshalb die Gemeindehomepage. Ist sie so aufgebaut, dass sich Außenstehende schnell orientieren können? Benutzt sie eine Sprache, die auch außerhalb der Gemeinde verständlich ist? Probe aufs Exempel: Finden sich Gottesdienste unter Veranstaltungen oder unter Kirche? Wenn Gottesdienste wirklich wichtig sind, warum stehen die aktuellen Gottesdienste nicht auf der Startseite oder unter einem Menüpunkt, der auch Gottesdienst heißt? Und ganz wichtig: Ist die Gemeindehomepage auch von mobilen Endegräten abrufbar?

Nach dem Ostergottesdienst sollte es mit der Familie zum Brunch gehen. Natürlich habe ich online nach Restaurants gesucht. Auf die Homepages der Restaurants bin ich aber mehr nicht gegangen. Ich habe beim Suchergebnis bereits Fotos des Restaurants gesehen und Bewertungen durchgelesen und habe auf dem Handy dann direkt auf Anrufen geklickt, um einen Tisch zu reservieren – oder den Anruf unterlassen.

Touchpoint Google

Das Suchergebnis auf Google ist für die meisten Menschen der Erstkontakt. Wer sich in einer Gemeinde engagiert, googelt diese vermutlich nicht, weil er die relevanten Informationen besser kennt als eine Suchmaschine. Gerade deswegen ist es aber wichtig, einmal die Außenperspektive einzunehmen und die eigene Gemeinde zu googlen. Ist das Foto einladend? Oder kann ich ein besseres anbieten? Sind die Informationen über die Gemeinde korrekt? Stimmen die Zeiten, zu denen die Kirche offen ist?

Google bietet Gemeinden an, über ein so genanntes Business-Konto diese Daten selber zu pflegen. Der Aufwand lohnt sich in jedem Fall, außerdem bieten einige Landeskirchen oder auch Kirchenkreise Unterstützung dabei. Der Suchmaschineneintrag ist die Visitenkarte für die Gemeinde. Wirkt der Eintrag ungepflegt oder ist nicht vertrauenswürdig, überlegen Suchende, ob sie wirklich dahin gehen. Eine einladende Gemeinde zeichnet sich nicht nur durch eine aktuelle Homepage aus, sondern auch, wie sie sich bei Suchdiensten präsentiert. Gemeindeaufbau beginnt bereits im Web.

Offline geht es in der Kirche weiter

Karfreitag habe ich den Weg in die Kirche gefunden, trotz der beschwerlichen Online-Suche. In der Kirche hat die Gemeinde jedoch alles richtig gemacht. Ich wurde freundlich begrüßt von einem Presbyter mit Namensschild, der mir einen freien Platz zeigte. Und im Karfreitagsgottesdienst waren Menschen, die sonst nicht im Sonntagsgottesdienst sind.

Addendum: Karfeitag auf Alexa

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Die Präsenz auf Alexa ist weitaus schwieriger, deshalb hat die Evangelische Kirche im Rheinland dazu ein Pilotprojekt gestartet.


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